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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 95<br />

nal oder eine beglaubigte Abschrift <strong>und</strong> eine Rechtskraftbescheinigung vorgelegt<br />

werden (Art. 1, Art. 5 Abs. 1 Ziff. 1 <strong>und</strong> 2 <strong>und</strong> Art. 7 Abs. 3). Beides ist hier nicht<br />

geschehen, womit eine Anerkennung <strong>und</strong> Vollstreckung ausgeschlossen ist. Weil<br />

es sich um eine Prozessvoraussetzung handelt, die von Amtes wegen zu prüfen<br />

ist, kann auf das Gesuch nicht eingetreten werden (vgl. Art. 79 <strong>und</strong> Art. 83 lit. a<br />

ZPO; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons<br />

<strong>St</strong>.Gallen, N 1 ff. zu Art. 79).<br />

Hinzu kommt, dass der Beschluss des Landgerichts nicht als Entscheid im Sinne<br />

des Abkommens aufzufassen ist, der anerkannt <strong>und</strong> vollzogen werden könnte: Zwar<br />

ist ein gerichtlicher Vergleich einem <strong>Gerichts</strong>entscheid gleichgestellt, sofern der<br />

<strong>St</strong>aat, in dem er abgeschlossen worden ist, ihn so behandelt (Art. 7 Abs. 2 des Abkommens<br />

<strong>und</strong> Art. 30 IPRG). Eine Vereinbarung der Ehegatten über die Scheidungsfolgen<br />

bedarf aber auch nach liechtensteinischem Recht der gerichtlichen Genehmigung<br />

(Art. 50 Abs. 2 Ehegesetz FL <strong>und</strong> § 519 Abs. 1 ZPO FL; vgl. www.gesetze.li)<br />

<strong>und</strong> eine solche ist nicht nachgewiesen. Der Beschluss des Landgerichts ist nicht<br />

das Scheidungsurteil <strong>und</strong> enthält auch keine Genehmigung der Parteivereinbarung.<br />

Ein Endurteil wird in diesem Beschluss erst in Aussicht gestellt.<br />

Freilich könnte die fragliche Vereinbarung auch dann nicht als gerichtlicher Vergleich<br />

gelten, wenn sie als Ganzes im späteren Scheidungsurteil genehmigt worden<br />

sein sollte, denn die Liste mit den Gegenständen wurde dem Gericht offenbar<br />

nie unterbreitet <strong>und</strong> befindet sich auch nicht bei den Scheidungsakten. Ein Vergleichsinhalt,<br />

der dem Gericht nicht mitgeteilt wurde, entfaltet aber nur eine privatrechtliche<br />

Wirkung <strong>und</strong> gilt nicht als gerichtlicher Vergleich (Berti/Schnyder, Basler<br />

Kommentar, N 6 zu Art. 30 IPRG). Das trifft hier umso mehr zu, als eine Scheidungskonvention<br />

zwingend gerichtlich genehmigt werden muss. Ein Konventionsbestandteil,<br />

der dem Gericht nicht bekannt war, kann folglich von der Genehmigung<br />

nicht erfasst sein <strong>und</strong> stellt damit auch keinen gerichtlichen Vergleich dar.<br />

Damit stellt sich noch die Frage, ob der Gesuchsteller die Herausgabe der<br />

Gegenstände nach den Bestimmungen über den raschen Rechtsschutz im Summarverfahren<br />

verlangen kann. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist nicht auszuschliessen, dass ein mit<br />

rein privatrechtlicher Wirkung geschlossener Vergleich Gr<strong>und</strong>lage für einen Besitzesschutz<br />

zu bilden vermag. Indessen setzt Art. 197 lit. a ZPO voraus, dass der<br />

Sachverhalt nicht streitig oder sofort feststellbar ist <strong>und</strong> daran fehlt es hier offensichtlich:<br />

So ist namentlich umstritten, ob die vom Gesuchsteller eingereichte<br />

<strong>und</strong>atierte Liste mit derjenigen identisch ist, die im Vergleich erwähnt wurde. Die<br />

Gesuchsgegnerin verneint das jedenfalls <strong>und</strong> macht zudem geltend, sie habe dem<br />

Ehemann alle gewünschten Gegenstände ausgehändigt. Was zutrifft, lässt sich<br />

nicht rasch <strong>und</strong> eindeutig klären, womit keine liquiden tatsächlichen Verhältnisse<br />

vorliegen. Damit fehlt es auch für das Verfahren des raschen Rechtsschutzes an<br />

einer Prozessvoraussetzung.<br />

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