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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 99<br />

Einzelfall aus wichtigen Gründen Untersuchungen abweichend von der örtlichen<br />

Zuständigkeit einem Untersuchungsamt zuteilen kann.<br />

Das <strong>St</strong>rafverfahren gegen X. Y. <strong>und</strong> Mitbeteiligte beschränkte sich in einer ersten<br />

Phase auf den Tatbestand des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage<br />

in <strong>St</strong>.Margrethen <strong>und</strong> in Haag <strong>und</strong> wurde von der <strong>St</strong>aatsanwaltschaft<br />

im Februar 2002 aufgr<strong>und</strong> eines <strong>Gerichts</strong>standsersuchens von den <strong>St</strong>rafuntersuchungsbehörden<br />

des Kantons Appenzell Ausserrhoden übernommen <strong>und</strong> zur<br />

Behandlung dem Untersuchungsamt Altstätten zugewiesen. In der Folge ergaben<br />

sich Hinweise, dass X. Y. in zahlreichen Fällen mit Hilfe gefälschter Lohnabrechnungen<br />

<strong>und</strong> anderer Urk<strong>und</strong>en Darlehen <strong>und</strong> Bankkredite erwirkt, Gebrauchsgegenstände<br />

geleast <strong>und</strong> Waren auf Kredit gekauft hatte. Mit Anklageschrift vom<br />

22. August <strong>2006</strong> wurde X. Y. wegen gewerbsmässigem Betrug, betrügerischem<br />

Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage, gewerbsmässigem Kreditkartenmissbrauch,<br />

mehrfacher Urk<strong>und</strong>enfälschung, mehrfacher Fälschung von Ausweisen<br />

<strong>und</strong> grober Verkehrsregelverletzung zur gerichtlichen Beurteilung überwiesen.<br />

Nachdem das Kreisgerichtspräsidium Untertoggenburg-Gossau die örtliche<br />

Zuständigkeit verneint hatte, gelangte die <strong>St</strong>aatsanwaltschaft Altstätten an das<br />

Kantonsgerichtspräsidium zur Bestimmung des <strong>Gerichts</strong>stands. Es kann nun nicht<br />

Aufgabe des Kantonsgerichtspräsidiums sein, in den umfangreichen Akten nach<br />

Anhaltspunkten für eine sachgerechte Bestimmung des <strong>Gerichts</strong>stands zu suchen.<br />

Will die <strong>St</strong>aatsanwaltschaft an einem Gericht ausserhalb der eigenen Region Anklage<br />

erheben, muss die Begründung für ein Abweichen von den ordentlichen<br />

Zuständigkeitsregeln so abgefasst sein, dass ihr ohne Durchsicht der Akten die für<br />

die Bestimmung des <strong>Gerichts</strong>stands erforderlichen <strong>und</strong> wesentlichen Tatsachen<br />

entnommen werden können. Es ist in einer kurzen, aber vollständigen Übersicht<br />

darzulegen, welche strafbaren Handlungen dem Angeschuldigten zur Last gelegt<br />

werden, wie die aufgr<strong>und</strong> der Aktenlage in Frage kommenden <strong>St</strong>raftaten rechtlich<br />

zu würdigen sind <strong>und</strong> welche konkreten Verfolgungshandlungen von welchen Behörden<br />

zu welchem Zeitpunkt vorgenommen worden sind (BGE 116 IV 175 f.). Diesen<br />

Anforderungen vermögen weder die Anklageschrift oder die in der Zwischenzeit<br />

ergangene Korrespondenz noch die Eingabe an das Kantonsgerichtspräsidium<br />

vom 29. September <strong>2006</strong> zu genügen.<br />

Eine summarische Durchsicht der Anklageschrift zeigt, dass die Zuständigkeit<br />

des Kreisgerichtes Untertoggenburg-Gossau keineswegs zwingend ist. Unbestritten<br />

scheint jedenfalls zu sein, dass unter dem Gesichtspunkt der schwersten <strong>St</strong>raftat<br />

i. S. von Art. 350 Ziff. 1 <strong>St</strong>GB vom <strong>St</strong>raftatbestand des gewerbsmässigen Betrugs<br />

(Art. 146 Abs. 2 <strong>St</strong>GB) auszugehen ist. Der erste zur Anklage gebrachte Betrug (Ziff.<br />

S 3; Seite 11) wurde noch vor der Übernahme des <strong>St</strong>rafverfahrens durch die<br />

<strong>St</strong>aatsanwaltschaft Altstätten am 11. Februar 2002 in <strong>St</strong>.Gallen verübt; wann die<br />

Untersuchung wegen dieses Delikts angehoben wurde (vgl. Art. 350 Ziff. 2 <strong>St</strong>GB),<br />

lässt sich der Anklageschrift nicht entnehmen. Ausführungsort des zweiten Betrugsversuchs<br />

vom 11. März 2002 (Ziff. S 3, Seite 15), des dritten Betrugs vom<br />

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