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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 120 <strong>Verwaltungspraxis</strong><br />

gegen hängt die Gewinnhöhe, die zu Beginn unbestimmt ist, von der Menge der<br />

Wettteilnehmer <strong>und</strong> der Höhe der von ihnen geleisteten Einsätze ab 8 . Dass der Gewinn<br />

von den Mitspielern finanziert wird, trifft auch auf das Schneeballsystem (inkl.<br />

Schenkkreis) zu, doch profitiert dort nur der Initiator oder wer sonst weit vorne am<br />

Beginn der Pyramide steht.<br />

Im Sinne dieser Ausführungen trägt der Spielanbieter der Lotterie <strong>und</strong> der Totalisatorwette<br />

tatsächlich kein Spiel-, aber durchaus ein Geschäftsrisiko (z. B. Verkauf bloss<br />

zweier Lose, worunter gerade des Hauptgewinns; Eingehen von nur zwei Wetten, so<br />

dass die Unkosten, bspw. für die Herstellung von Wettscheinen, nicht gedeckt sind).<br />

Richtig ist, dass (Spiel-)Gewinn oder Verlust – gerade aber nicht pekuniär verstanden!<br />

– bei den («klassischen») Spielbankenspielen unmittelbar/direkt zwischen<br />

Spielanbieter <strong>und</strong> Spielteilnehmer ermittelt wird <strong>und</strong> der Gewinn oder Verlust eines<br />

Spielers die Gewinn- oder Verlustmöglichkeiten der Mitspieler nicht berührt. Bei jedem<br />

einzelnen Spiel bzw. jedem einzelnen Spielvorgang gibt es also einen Sieger<br />

<strong>und</strong> Verlierer – wie auch beim Jassspiel, wo immer eine der Parteien mehr Punkte<br />

erzielt hat als die andere 9 . Der Spielanbieter kann genau gleich wie der Teilnehmende<br />

das (einzelne) Spiel gewinnen oder verlieren 10 . Demgegenüber verliert oder gewinnt<br />

der Spielanbieter bei der Lotterie oder der Totalisatorwette lediglich auf das<br />

einzelne Spiel bezogen nicht 11 , sondern nur der Spielteilnehmer. Aus dieser Gegenüberstellung<br />

der beiden Glücksspieltypen stammt die b<strong>und</strong>esgerichtliche Formulierung<br />

der Lotteriespielanbieter trage «kein Spielrisiko» bzw. er habe das «Spielrisiko<br />

ausgeschlossen» 12 . Und nur insoweit ist diese Formulierung auch richtig. Der Begriffsteil<br />

«Risiko» im Begriff «Spielrisiko» ist aber verfehlt, wenn er zum (falschen)<br />

Schluss der Risikotragung im finanziellen Sinne verleitet. Denn wie die Spielbank<br />

will auch der Lotterieanbieter aus dem von ihm durchgeführten Glücksspiel Gewinn<br />

erzielen <strong>und</strong> insoweit ist nur der Begriff des «Geschäftsgewinns» (<strong>und</strong> nicht<br />

des blossen – nicht pekuniären – Spielgewinns) von Bedeutung. Dies wird vom<br />

B<strong>und</strong>esgericht <strong>und</strong> der überwiegenden Mehrheit der Lehre übersehen bzw. vermischt.<br />

Der gewerbsmässige, also auf Verdienst ausgerichtete Spielbetreiber hat<br />

kein besonderes Interesse am einzelnen Spiel als solchem, sondern er möchte Einnahmen<br />

aus dem von ihm angebotenen Spielbetrieb erzielen, Einnahmen in wel-<br />

8 Im Kanton <strong>St</strong>.Gallen ist die Wiederausschüttung auf mind. 70% der gesamten Wetteinnahmen<br />

festgelegt worden (Art. 16 Abs. 1 der Vollzugsverordnung zur Gesetzgebung über die<br />

Lotterien <strong>und</strong> die gewerbsmässigen Wetten; sGS 455.11).<br />

9 Dies ist natürlich unabhängig davon, ob um Geld gespielt wird oder nicht.<br />

10 Dies gilt allerdings für das ebenfalls in der Spielbank gespielte Pokerspiel bereits nicht<br />

mehr, da die Spielbank nicht mitspielt, sondern nur die «Infrastruktur» zur Verfügung stellt,<br />

allenfalls die korrekte Durchführung des Spiels durch die Teilnehmer kontrolliert <strong>und</strong> eine<br />

Entschädigung für ihre Dienstleistungen kassiert.<br />

11 Hingegen erzielt der Lotterieanbieter – wie der Spielbankenbetreiber auch – sehr wohl<br />

mehr oder weniger Geschäftsgewinn!<br />

12 Im Unterschied dazu – so das BGer – trägt der Spielbankenspielanbieter ein Spielrisiko bzw.<br />

hat er es eben nicht ausgeschlossen.<br />

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