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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 108<br />

108<br />

Art. 271 Abs. 1 <strong>St</strong>P (sGS 962.1). Für die Bemessung der Kosten der privaten<br />

Verteidigung sind die Bestimmungen der Honorarordnung für Rechtsanwälte<br />

<strong>und</strong> Rechtsagenten massgebend.<br />

Präsident der Anklagekammer, 24. Juli <strong>2006</strong><br />

Aus den Erwägungen:<br />

4. Dem Angeschuldigten werden die Kosten der privaten Verteidigung ersetzt,<br />

soweit ihm keine Verfahrenskosten auferlegt werden (Art. 271 Abs. 1 <strong>St</strong>P). Der Anspruch<br />

auf Ersatz der Vertretungskosten besteht unabhängig davon, ob der Beizug<br />

eines Verteidigers im Untersuchungs- oder <strong>Gerichts</strong>verfahren notwendig war oder<br />

nicht (GVP 1958 Nr. 54). Dass die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Parteientschädigung<br />

gegeben sind, ist gr<strong>und</strong>sätzlich unbestritten.<br />

Ebenso unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf volle Entschädigung<br />

der Parteikosten hat. Anspruch auf volle Entschädigung bedeutet indessen<br />

nicht, dass die Honorarnote des Rechtsvertreters unbesehen zu übernehmen<br />

ist. Massgebend für die Bemessung der Parteientschädigung sind vielmehr<br />

die Bestimmungen der Honorarordnung für Rechtsanwälte <strong>und</strong> Rechtsagenten<br />

(vgl. GVP 2002 Nr. 102).<br />

Für den Bereich des <strong>St</strong>rafverfahrens sieht die Honorarordnung gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zwei unterschiedliche Berechnungsmethoden vor. Art. 21 Abs. 1 HonO sieht eine<br />

Pauschale vor; diese beträgt Fr. 500.– bis Fr. 3000.–, wenn das Verfahren durch<br />

Verfügung des Untersuchungsrichters abgeschlossen wird. Art. 23 HonO erlaubt es<br />

dem Rechtsanwalt, stattdessen das Honorar nach Zeitaufwand zu bemessen; unnötiger<br />

Aufwand fällt dabei aber ausser Betracht.<br />

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin macht für die Rechtsvertretung im<br />

Untersuchungsverfahren einen Aufwand von 18,9 <strong>St</strong><strong>und</strong>en geltend. Wie schon die<br />

Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zu Recht darauf hingewiesen hat, erweckt die<br />

detaillierte Honorarnote den Eindruck, dass mit dem Beizug eines juristischen Mitarbeiters<br />

zum Teil doppelter Aufwand entstanden <strong>und</strong> folglich auch in Rechnung<br />

gestellt worden ist. Wie es sich mit den einzelnen Positionen im Detail verhält,<br />

kann indessen dahingestellt bleiben. Auch bei einer Bemessung des Honorars<br />

nach <strong>St</strong><strong>und</strong>enaufwand ist nur der nötige Aufwand zu ersetzen; unnötiger Zeitaufwand<br />

fällt nach Art. 23 Abs. 3 HonO ausser Betracht. Als Massstab bei der Beantwortung<br />

der Frage, welcher Zeitaufwand für eine effiziente Verteidigung im <strong>St</strong>rafverfahren<br />

im Sinn der Honorarordnung nötig ist, hat der erfahrene Anwalt zu<br />

gelten, der im Bereich des materiellen <strong>St</strong>rafrechts <strong>und</strong> des <strong>St</strong>rafprozessrechts über<br />

f<strong>und</strong>ierte Kenntnisse verfügt <strong>und</strong> deshalb seine Leistungen (Aktenstudium, Beurteilung<br />

der Prozesschancen, Besprechungen mit dem Mandanten <strong>und</strong> mit Behörden,<br />

Verfassen von Eingaben etc.) von Anfang an zielgerichtet <strong>und</strong> effizient erbrin-<br />

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