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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 99 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

99<br />

Art. 30 <strong>St</strong>P (sGS 962.1). Bestimmung des <strong>Gerichts</strong>stands.<br />

Vizepräsident des Kantonsgerichts, 8. Dezember <strong>2006</strong><br />

Aus den Erwägungen:<br />

Art. 30 <strong>St</strong>P erklärt den Kantonsgerichtspräsidenten zuständig zum Entscheid<br />

über Anstände betreffend örtliche Zuständigkeit im <strong>Gerichts</strong>verfahren. Dem Gesetz<br />

lässt sich weder entnehmen, was unter «Anständen» zu verstehen ist, noch regelt<br />

es das anwendbare Verfahrensrecht. Es liegt diesbezüglich eine echte Gesetzeslücke<br />

vor, die mit den anerkannten Mitteln der richterlichen Rechtsfortbildung zu<br />

füllen ist. Dabei liegt es nahe, sich an den bewährten Gr<strong>und</strong>sätzen im Bereich der<br />

interkantonalen <strong>Gerichts</strong>standsstreitigkeiten zu orientieren. Die <strong>St</strong>aatsanwaltschaft<br />

entscheidet zunächst in eigener Kompetenz über die Frage des <strong>Gerichts</strong>stands <strong>und</strong><br />

erhebt Anklage bei demjenigen Kreisgericht, das sie als örtlich zuständig betrachtet.<br />

Verneint das Kreisgerichtspräsidium seine Zuständigkeit, findet in analoger<br />

Anwendung der interkantonalen Regelung (vgl. E. Schweri / F. Bänziger, Interkantonale<br />

<strong>Gerichts</strong>standsbestimmung in <strong>St</strong>rafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 561 ff.) ein<br />

Meinungsaustausch mit dem Ersten <strong>St</strong>aatsanwalt statt (vgl. dazu auch die frühere<br />

Regelung von Art. 137 Abs. 2 a<strong>St</strong>P). Kommt keine Einigung zustande, unterbreitet<br />

der Erste <strong>St</strong>aatsanwalt die Sache dem Kantonsgerichtspräsidium zur Bestimmung<br />

des <strong>Gerichts</strong>stands. Für das Verfahren vor dem Kantonsgerichtspräsidium werden<br />

die (für interkantonale <strong>Gerichts</strong>standsstreitigkeiten) geltenden Regeln (vgl. dazu<br />

E. Schweri / F. Bänziger, a. a. O., N. 584 ff.) in analoger Weise angewendet.<br />

6. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die funktionalen Kompetenzen<br />

der Beamten der <strong>St</strong>aatsanwaltschaft zu trennen sind von der örtlichen Zuständigkeit<br />

der einzelnen Untersuchungsämter. Der Untersuchungsrichter eines regionalen<br />

Untersuchungsamts ist auf der Gr<strong>und</strong>lage der (innerkantonal) organisationsrechtlichen<br />

Regelung zwar befugt, Anklage (auch) bei einem ausserhalb der eigenen<br />

Untersuchungsregion liegenden Kreisgericht zu erheben. Damit nicht geklärt ist<br />

aber die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Kreisgerichts,<br />

welche sich nach Art. 29 Abs. 1 <strong>St</strong>P ausschliesslich nach Art. 346 ff. <strong>St</strong>GB bestimmt.<br />

Aus der Formulierung von Art. 7 Abs. 1 <strong>St</strong>P (vgl. auch Art. 15 Abs. 1 <strong>St</strong>P) ist zu<br />

schliessen, dass das kantonale Untersuchungsamt für das gesamte Kantonsgebiet<br />

zuständig ist, während der Zuständigkeitsbereich der regionalen Untersuchungsämter<br />

– nicht unter funktionalen, sondern unter gerichtsstandsrechtlichen Gesichtspunkten<br />

– gr<strong>und</strong>sätzlich auf die Untersuchung von <strong>St</strong>raftaten beschränkt ist,<br />

bezüglich derer in der betreffenden Region (Art. 1 <strong>St</strong>PV) gestützt auf Art. 346 ff.<br />

<strong>St</strong>GB ein <strong>Gerichts</strong>stand gegeben ist. Abweichungen von diesem Gr<strong>und</strong>satz sind insofern<br />

zulässig, als der Erste <strong>St</strong>aatsanwalt gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. e <strong>St</strong>P im<br />

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