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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 124<br />

öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung <strong>und</strong> lässt sie im Gr<strong>und</strong>buch anmerken.<br />

Es fragt sich, ob eine amtliche Pflicht zur Anmerkung auch dann besteht, wenn kein<br />

aktuelles Bauvorhaben verwirklicht werden soll. M. Zemp führt im Kommentar zum<br />

Baugesetz des Kantons <strong>St</strong>.Gallen vom 6. Juli 1972, <strong>St</strong>.Gallen 1980, S. 82 i.V. m.<br />

S. 62 f. dazu aus, dass der Fall, in dem ein Nachbar eine solche generelle Verpflichtungserklärung<br />

(d. h. ohne Abhängigkeit von einem konkreten Bauvorhaben <strong>und</strong> somit<br />

quasi auf Vorrat) abgebe, unter Art. 680 Abs. 3 ZGB zu subsumieren sei, werde damit<br />

doch die gesetzliche Eigentumsbeschränkung abgeändert, ohne dass es zur korrelierenden<br />

Nachbarsbaute kommen müsse. Wolle ein Nachbar eine solche Verpflichtung<br />

eingehen, sei er an die Bestimmungen des Privatrechts geb<strong>und</strong>en. Eine solche Verpflichtung<br />

vermöge jedoch die öffentlichrechtliche Verpflichtungserklärung gegenüber<br />

der Behörde nicht zu ersetzen. Ausserdem dürfe die Verpflichtung des Nachbarn von<br />

Amtes wegen nur so weit gehen, wie es öffentlichrechtlich erforderlich sei. Ob <strong>und</strong><br />

inwieweit die Verpflichtungserklärung benötigt werde <strong>und</strong> Bestand habe, hänge deshalb<br />

vom Entscheid der Behörde hinsichtlich des konkreten Bauvorhabens ab. Daraus<br />

schliesst Zemp, dass die Verpflichtungserklärung nach Art. 63 BauG erst mit oder<br />

nach Einreichung eines Baugesuchs gültig abgegeben werden könne.<br />

c) Diese Ansicht überzeugt. Auch der Wortlaut von Art. 63 BauG unterstreicht<br />

diese Auffassung, spricht er doch explizit von «Inanspruchnahme», was offenbar ein<br />

konkretes Projekt, bei welchem die erlaubte Ausnützung überschritten werden könnte,<br />

voraussetzt. Allein in solchen Fällen rechtfertigt sich eine öffentlichrechtliche<br />

Eigentumsbeschränkung <strong>und</strong> damit ein staatlicher Eingriff in die verfassungsmässig<br />

geschützte Eigentumsgarantie (Art. 26 BV). Weshalb der <strong>St</strong>aat die Anmerkung eines<br />

durchaus zulässigen, aber rein privatrechtlich vereinbarten, aus öffentlichrechtlicher<br />

Sicht nicht notwendigen Ausnützungstransfers als öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung<br />

verfügen sollte, ist in der Tat nicht einzusehen. Einem solchen Vorgehen<br />

würde es bereits am erforderlichen öffentlichen Interesse mangeln, welches<br />

jedem Eingriff in die verfassungsmässig garantierten Gr<strong>und</strong>rechte zugr<strong>und</strong>e liegen<br />

muss (vgl. Art. 36 Abs. 2 BV). Eine Verfügung der Vorinstanz hätte sich somit auch<br />

dann nicht auf Art. 63 BauG stützen lassen, wenn man Ziffer 11 des Kaufvertrags<br />

vom 27. Oktober 2000 als Zustimmung gedeutet hätte, denn es fehlte im Zeitpunkt<br />

des rekurrentischen Gesuchs an einem aktuellen Bauvorhaben, für welches ein<br />

Ausnützungstransfer zur Wahrung öffentlicher Interessen angezeigt gewesen wäre.<br />

Ergebnis:<br />

Hinter dem obligatorisch vereinbarten Ausnützungsübertrag stand kein öffentliches<br />

Interesse, weshalb dieser nicht als öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung im<br />

Gr<strong>und</strong>buch eingetragen werden konnte. Die Vorinstanz hatte demzufolge in der<br />

Verfügung 2 das entsprechende Begehren zu Recht abgewiesen. Auch der gegen<br />

diese Verfügung beim Baudepartement erhobene Rekurs war abzuweisen. Umgekehrt<br />

konnten die Rekurse gegen die Verfügung 1 zufolge Gegenstandslosigkeit<br />

von der Geschäftsliste abgeschrieben werden.<br />

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