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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 97<br />

hörde tragen zu lassen. Gemäss Art. 84 Abs. 2 zweiter Satz GerG gilt vielmehr die<br />

Frist als eingehalten, wenn eine Eingabe bis 24 Uhr des letzten Tages der schweizerischen<br />

Post übergeben wurde.<br />

97<br />

Art. 6 Abs. 2 <strong>St</strong>P (sGS 962.1). Selbständige Zwangsmassnahmen durch die<br />

Polizei.<br />

Anklagekammer, 26. September <strong>2006</strong><br />

Aus den Erwägungen:<br />

2.2 Die Anwendung von Zwangsmitteln durch die <strong>St</strong>rafverfolgungsbehörden –<br />

als solche gilt auch die Polizei (vgl. den ersten Titel des <strong>St</strong>rafprozessgesetzes,<br />

Art. 5 ff.) – führt immer zu einer Beeinträchtigung verfassungsmässig geschützter<br />

Rechte. Deshalb sind Zwangsmittel nur aufgr<strong>und</strong> einer ausdrücklichen gesetzlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> unter Beachtung des Gr<strong>und</strong>satzes der Verhältnismässigkeit anzuordnen<br />

<strong>und</strong> zu vollziehen. Sie dürfen nur von den durch das Gesetz ermächtigten<br />

Personen angeordnet werden (vgl. Walter Locher, Die Zusammenarbeit zwischen<br />

Untersuchungsrichter <strong>und</strong> Polizei im st.<strong>gallische</strong>n <strong>St</strong>rafprozess, Dissertation 1982,<br />

S. 74). Zwangsmassnahmen ordnen im Regelfall an der Untersuchungsrichter, der<br />

<strong>St</strong>aatsanwalt <strong>und</strong> der Haftrichter im Untersuchungs- <strong>und</strong> <strong>Gerichts</strong>verfahren bis ein<br />

vollstreckbarer Entscheid vorliegt (Art. 110 Abs. 1 lit. a <strong>St</strong>P), wobei mit dem Vollzug<br />

im Regelfall die Polizei beauftragt wird (Art. 110 Abs. 3 <strong>St</strong>P). Selbständige Zwangsmittel<br />

stehen der Polizei nur im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse in der Regel<br />

bei Gefahr in Verzug zur Verfügung (vgl. Art. 6 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 <strong>St</strong>P). Es ist ihr insbesondere<br />

– unter Vorbehalt der Einbringung bei Gefahr in Verzug gemäss Art. 114 <strong>St</strong>P,<br />

der Feststellung der Personalien nach Art. 28 Abs. 2 PG <strong>und</strong> des Gewahrsams im<br />

Sinne von Art. 40 PG – verwehrt, eine Person gegen ihren Willen auf den Polizeiposten<br />

zu holen, um sie dort zu befragen (vgl. GVP 1982 Nr. 50).<br />

Die selbständige Tätigkeit der Polizei richtet sich vor der Eröffnung der <strong>St</strong>rafuntersuchung<br />

nach den Vorschriften des Polizeigesetzes (Art. 6 Abs. 2 <strong>St</strong>P). Nach<br />

der Eröffnung der <strong>St</strong>rafuntersuchung führt die Polizei die Anordnungen der <strong>St</strong>aatsanwaltschaft<br />

aus (Art. 6 Abs. 3, 1. Satz <strong>St</strong>P), wobei sie in fachlicher Hinsicht der<br />

Weisungsbefugnis der <strong>St</strong>aatsanwaltschaft untersteht (Art. 5 Abs. 2 <strong>St</strong>P). … Erweist<br />

sich die Anordnung von Zwangsmassnahmen als erforderlich, sind diese im Regelfall<br />

(zwingend) durch den Untersuchungsrichter bzw. durch den <strong>St</strong>aatsanwalt zu<br />

verfügen (Art. 110 Abs. 1 lit. a <strong>St</strong>P), so dass der Polizei von vornherein keine selbständigen<br />

Befugnisse mehr zustehen.<br />

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