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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 120 <strong>Verwaltungspraxis</strong><br />

tigte es jedoch den B<strong>und</strong>esrat – im Wissen um die Abgrenzungsprobleme – «lotterieähnliche<br />

Spiele» den Lotteriespielen gleichzustellen (Art. 56 Abs. 2 LG).<br />

Das BGer hat die Wahrscheinlichkeitsrechnung zur Bestimmbarkeit des Ausschlusses<br />

des «Spielrisikos» nicht genügen lassen – auch nicht bei lotterieähnlichen<br />

Spielen 18 . Es hat zwar gesehen, dass es mit seiner Auslegung einen Widerspruch<br />

zum Gesetzgeber begründet <strong>und</strong> Spielveranstaltungen «trotz ihrer Gefährlichkeit»<br />

(im Sinne der «ratio legis» der Glücksspielgesetzgebung) als zulässig (nicht strafbar)<br />

bezeichnet. Der Gesetzgeber habe aber mit dem nachträglichen Erlass des Spielbankengesetzes<br />

selber glücksspielähnliche Unternehmungen, denen das Merkmal<br />

der Planmässigkeit fehle, «von den lotterieähnlichen Veranstaltungen mit dieser Eigenschaft<br />

geschieden <strong>und</strong> damit seine früher vertretene Auffassung aufgegeben»<br />

(BGE 99 IV 35). Diese Ausführungen überzeugen nicht. Einmal hat der Gesetzgeber<br />

– wie schon erwähnt – nicht den Begriff des «Spielrisikos» (bzw. des Ausschlusses<br />

des Spielrisikos) eingeführt, sondern denjenigen der «Planmässigkeit». Sodann gibt<br />

das Wort «ähnlich» («lotterieähnlich») nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit<br />

<strong>und</strong> den Spielraum ebenfalls Glücksspiele zu erfassen, die dem Lotteriespiel<br />

lediglich ähnlich sind. Das verlangt aber danach, der «papiermässigen» Planmässigkeit<br />

der Lotterie auch andere, ähnliche Formen gleichzustellen.<br />

3. Art. 1 Abs. 2 LG gibt (für die Lotterie) vor, dass der Gewinn des Spielteilnehmers<br />

(in irgendeiner Form 19 ) planmässig vom Zufall abhängig sein muss – nicht<br />

mehr <strong>und</strong> nicht weniger. «Planmässig» in Art. 1 Abs. 2 LG bezieht sich somit auf<br />

den Gewinn des Spielteilnehmers.<br />

«Planmässigkeit», bezogen auf die pekuniären Folgen des durchgeführten Glücksspiels,<br />

bedeutet nichts anderes als die Absicht des Spielanbieters, hinreichend (finanziellen)<br />

Gewinn zu erzielen. Einen solchen vermag er nur dann zu erreichen,<br />

wenn er die Gewinnausschüttung an den oder die Spieler, die ja ihrerseits seinen<br />

Gewinn beschneidet, so berechnen, also so planen kann, dass ihm Gewinn verbleibt.<br />

Gerade die Gewinnabsicht des Spielanbieters, der ohne Einholung einer behördlichen<br />

Bewilligung zum Glücksspiel einlädt, beinhaltet die Gefahr zwielichtiger<br />

Glücksspielangebote. Vor solchen soll aber nach dem Schutzzweck der Glücksspielals<br />

Polizeigesetzgebung der «durchschnittliche» Bürger bewahrt werden, dem – gemäss<br />

BGer 20 – ja kein «besonderer Scharfsinn eigen» ist. Geködert durch grossartig<br />

dargestellte Gewinnaussichten zusammen mit der doch immer gegebenen Gewinn-<br />

18 BGE 99 IV 33. Das BGer selbst hat dann allerdings in Form eines «obiter dictums» seinen<br />

Entscheid in diesem Punkte korrigiert (BGE 123 IV 230), indem es für die Bejahung der<br />

Planmässigkeit hat genügen lassen, dass das Spielrisiko aufgr<strong>und</strong> mathematischer Berechnung<br />

(die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist eine solche) ausgeschlossen werden kann. Entscheidend<br />

sei allein, dass der Veranstalter sein Risiko ausschliesse. Bedauerlicherweise hat<br />

es mit diesem letzten Satz aber an seinem Verständnis des Begriffs der Planmässigkeit als<br />

«ausgeschlossenem Spielrisiko» festgehalten.<br />

19 «…planmässig durch Ziehung von Losen oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes<br />

Mittel…»<br />

20 BGE 99 IV 29 unten.<br />

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