24.06.2012 Aufrufe

St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 115<br />

droht. In der <strong>St</strong>ellungnahme der Schulverwaltung vom 29. August 2005 wird überdies<br />

festgehalten, dass es neben dem dargelegten Begebnis zu weiteren Vorfällen<br />

gekommen sei, diese jedoch nicht aktenk<strong>und</strong>ig seien. Die Vorinstanz schloss aus<br />

dem von der Schulverwaltung dargelegten Verhalten, dass dem Rekurrenten die für<br />

die Einbürgerung erforderliche Bereitschaft fehle, sich an die schweizerischen Sitten<br />

<strong>und</strong> Gebräuche zu halten. Ob jemand in diesem Sinn in die schweizerischen<br />

Verhältnisse eingegliedert <strong>und</strong> mit ihnen vertraut ist, kann in der Regel nicht direkt<br />

bewiesen werden, sondern muss mit Hilfe von Indizien erstellt werden. Dies bedeutet<br />

es müssen Umstände vorliegen, die auf die zu beweisende Eingliederung<br />

<strong>und</strong> Vertrautheit mit Sicherheit oder doch mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit<br />

schliessen lassen bzw. diese im Gegenteil ausschliessen (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit<br />

im Kanton <strong>St</strong>.Gallen, 2. Aufl., <strong>St</strong>.Gallen 2003, Rz. 621). Vorliegend<br />

ist demnach strittig, ob der Einbürgerungsrat gestützt auf die eingangs genannten<br />

Begebenheiten den Schluss ziehen durfte, dass der Rekurrent nicht willens<br />

oder nicht fähig sei, sich in die schweizerischen Verhältnisse einzugliedern.<br />

Im Verwaltungsverfahren gilt der Gr<strong>und</strong>satz der freien Beweiswürdigung. Freiheit<br />

in der Beweiswürdigung bedeutet, dass der Einbürgerungsrat an keine starren<br />

Beweisregeln geb<strong>und</strong>en ist. Ihm wird weder vorgeschrieben, wie ein gültiger<br />

Beweis zustande zu kommen hat, noch welchen Beweiswert die einzelnen Beweismittel<br />

im Verhältnis zueinander haben. Massgebend ist die innere Qualität der<br />

Beweise. Diese ergibt sich aus ihrer anzunehmenden Übereinstimmung mit der<br />

Wirklichkeit. Die Würdigung hat sich deshalb auf vernünftige <strong>und</strong> nachvollziehbare<br />

Überlegungen abzustützen (Cavelti/Vögeli, a. a. O., Rz. 616; Gygi, a. a. O., S. 278 f.).<br />

Die Nichtbefolgung der schulischen Pflichten durch den Rekurrenten in Form einer<br />

gewalttätigen Auseinandersetzung kann als ein Zeichen dafür angesehen werden,<br />

dass er nicht bereit ist, sich in die in der Schweiz geltende Ordnung einzufügen.<br />

Allerdings gilt es ebenfalls zu beachten, dass die vorliegend strittigen Einbürgerungsvoraussetzungen<br />

im Zeitpunkt der Gesucheinreichung bzw. anlässlich der<br />

Einbürgerungsverfügung erfüllt sein müssen. Die Eingliederung in die schweizerischen<br />

Verhältnisse ist daher auf diesen Zeitpunkt hin zu prüfen.<br />

Ein schulisches Fehlverhalten allein genügt in der Regel nicht, um gestützt darauf<br />

einem Einbürgerungswilligen die Eignung abzusprechen. Die Folgerung der<br />

Nichteignung hängt insbesondere auch von den Antworten auf die Fragen ab, wie<br />

schwerwiegend die zu beanstandeten Vorfälle sind, wie lange das Fehlverhalten<br />

angedauert hat, wie weit der Schulbesuch zurückliegt <strong>und</strong> wie sich der Rekurrent<br />

heute zum bemängelten Verhalten stellt. Somit kann ein schulisches Fehlverhalten<br />

zwar als Indiz für eine ungenügende Integration gewertet werden, die Eignung zur<br />

Einbürgerung kann gestützt darauf jedoch erst verneint werden, wenn auch keine<br />

weiteren Umstände dafür sprechen. Vorliegend ist in diesem Zusammenhang zunächst<br />

zu beachten, dass in den Akten lediglich ein einziges konkretes Vorkommnis<br />

umschrieben wird. Dieses Vorkommnis ist angesichts des daraus resultierenden<br />

doppelten Nasenbeinbruchs eines Mitschülers als schwerwiegend zu werten.<br />

317

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!