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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 85<br />

85<br />

Art. 90 ff. v. a. 94 <strong>und</strong> Art. 56 Abs. 1 ZPO (sGs 961.2). Abgrenzung Recht<br />

zum Beweis <strong>und</strong> kantonalrechtliche Beweisführungsregeln; Verhandlungsmaxime.<br />

Kassationsgericht, 4. April <strong>2006</strong><br />

Der Beschwerdeführer rügt weiter, die Vorinstanz habe Art. 94 ZPO, wonach Beweise<br />

unmittelbar abzunehmen sind, dadurch verletzt, dass sie die angerufenen<br />

Zeugen nicht selber einvernommen, sondern auf die untersuchungsrichterlichen<br />

Einvernahmen im <strong>St</strong>rafverfahren gegen den Beschwerdeführer abgestellt <strong>und</strong> auch<br />

die beidseits vorgetragenen Anträge auf Parteibefragung nicht angenommen habe.<br />

Inhaltlich ist das (auch) in Art. 90 ff. ZPO umschriebene Recht zum Beweis identisch<br />

mit dem gestützt auf Art. 8 ZGB gewährten Recht. Wie das Kassationsgericht<br />

wiederholt entschieden hat, kommt kantonalem Recht, das inhaltlich B<strong>und</strong>esgesetzesrecht<br />

entspricht, keine selbständige Bedeutung zu. Das Kassationsgericht kann<br />

daher bei hier gegebener Möglichkeit der Berufung an das B<strong>und</strong>esgericht auf<br />

Rügen der Verletzung kantonalen Rechts nicht eintreten, soweit die gerügte Norm<br />

mit einer b<strong>und</strong>esgesetzlichen Norm übereinstimmt.<br />

Der in Art. 94 ZPO statuierte Gr<strong>und</strong>satz der unmittelbaren Beweisabnahme ist<br />

zwar ein Teilgehalt des Rechts auf Beweis, der jedoch nicht von Art. 8 ZGB umfasst,<br />

sondern im Einzelnen durch das kantonale Verfahrensrecht normiert wird.<br />

Art. 8 ZGB regelt für den ganzen Bereich des B<strong>und</strong>eszivilrechts die Beweislastverteilung,<br />

die Folgen einer Beweislosigkeit <strong>und</strong> gibt als Korrelat zur Beweislast der<br />

beweispflichtigen Partei Anspruch auf Zulassung zum Beweis. Art. 8 ZGB schreibt<br />

dem Richter jedoch nicht vor, mit welchen Mitteln <strong>und</strong> nach welchen Beweisregeln<br />

der Sachverhalt abzuklären <strong>und</strong> wie das Ergebnis davon zu würdigen ist (BGE 112<br />

II 179). Die eigentliche Beweisführung oder Beweisabnahme wird vom kantonalen<br />

Recht geregelt (Basler Kommentar zum ZGB, Hans Schmid, Art. 8 N 74). Art. 8 ZGB<br />

schliesst selbst vorweggenommene Beweiswürdigung <strong>und</strong> Indizienbeweise nicht<br />

aus, <strong>und</strong> es wird Art. 8 ZGB auch nicht durch eine beschränkte Beweisabnahme<br />

verletzt, wenn der Richter schon nach deren Ergebnis von der Sachdarstellung<br />

einer Partei überzeugt ist (BGE 114 II 291). Es wird weder durch Art. 8 ZGB, noch<br />

durch Art. 6 EMRK, sondern durch das kantonale Prozessrecht in Art. 94 ZPO das<br />

Unmittelbarkeitsprinzip im Beweisverfahren geregelt, sodass eine diesbezügliche<br />

Verletzung von Art. 94 ZPO als Verletzung kantonalen Rechts mit Nichtigkeitsbeschwerde<br />

gerügt werden kann. …<br />

Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 56 Abs. 1 ZPO.<br />

Die Vorinstanz erwäge, es wäre riskant <strong>und</strong> unvernünftig gewesen, einen so hohen<br />

Geldbetrag in der Wohnung aufzubewahren, was der Beschwerdeführer nicht behauptet<br />

habe.<br />

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