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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 102 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

werden können. Die Betroffenen (Beschwerdeführer) verlangten mit der Beschwerde<br />

die Freigabe der Pflanzen. Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass sie<br />

den Hanfanbau dem kantonalen Landwirtschaftsamt gemeldet hätten. Zudem<br />

reichten sie je einen «Hanfanbauvertrag zur Gewinnung von ätherischen Ölen <strong>und</strong><br />

Essenzen» ein. Die Anklagekammer schützte die Beschwerden teilweise <strong>und</strong> bewilligte<br />

die Ernte sowie die Verarbeitung der Hanfpflanzen unter Auflagen. Sie hielt<br />

aber fest, dass das dabei produzierte Destillat anstelle der Hanfpflanzen weiterhin<br />

der Beschlagnahme unterliege.<br />

Aus den Erwägungen:<br />

2. Beschlagnahmt werden Gegenstände <strong>und</strong> Vermögenswerte, die als Beweismittel<br />

dienen können oder deren Einziehung oder Verfall an den <strong>St</strong>aat in Frage<br />

kommt (Art. 141 Abs. 1 lit. a <strong>und</strong> b <strong>St</strong>P). Im Gesetz nicht besonders erwähnt, aber<br />

allgemeine Voraussetzung für die Anordnung eines jeden strafprozessualen<br />

Zwangsmittels ist ein hinreichender, objektiv begründeter konkreter Tatverdacht.<br />

a) Nach Art. 1 Abs. 2 lit. a Ziff. 4 BetmG fällt Hanfkraut als Rohmaterial unter die<br />

vom Betäubungsmittelgesetz erfassten Substanzen. Dient das Hanfkraut der Gewinnung<br />

von Betäubungsmitteln, so verbietet Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG ausnahmslos<br />

Anbau <strong>und</strong> Inverkehrbringen. Wann Hanfkraut als Rohmaterial resp. als gebrauchsfertiges<br />

Betäubungsmittel zu gelten hat, geht aus dem Betäubungsmittelgesetz<br />

nicht hervor. Die Gesetzgebung zu den Lebensmitteln <strong>und</strong> der Landwirtschaft erlauben<br />

in bestimmten Fällen Anbau <strong>und</strong> Verkauf von Hanf. Dabei wurden durch die<br />

B<strong>und</strong>esämter Grenzwerte für den Gehalt an THC festgesetzt, die nicht überschritten<br />

werden dürfen, damit die zugelassenen Produkte <strong>und</strong> Hanfsorten nicht als<br />

Betäubungsmittel missbraucht werden. Beim Industriehanf liegt der Grenzwert bei<br />

einem THC-Gehalt von 0,3 Prozent. Dieser Grenzwert kann als Massstab dafür<br />

dienen, ab welchem Gehalt an THC ein Hanfprodukt als Betäubungsmittel gelten<br />

muss <strong>und</strong> nach Art. 8 Abs. 1 lit. d BetmG nicht mehr in Verkehr gebracht werden<br />

darf (vgl. BGE 126 IV 198 E. 1.).<br />

b) Der THC-Gehalt der beschlagnahmten Hanffelder liegt über diesem Grenzwert.<br />

Damit war zumindest im Sinne eines Anfangstatverdachts davon auszugehen,<br />

dass die beschlagnahmten Hanfprodukte Betäubungsmittel darstellen können,<br />

welche gr<strong>und</strong>sätzlich nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Den Beschwerdeführern<br />

steht jedoch der Nachweis eines legalen Verwendungszweckes offen, wofür<br />

sie bei Überschreitung des festgelegten Grenzwertes von einem THC-Gehalt<br />

von 0,3 Prozent im Sinne einer Beweislastumkehr eine Nachweispflicht trifft.<br />

c) Die Beschwerdeführer machen eine Verarbeitung zu ätherischen Ölen <strong>und</strong><br />

Essenzen mittels einer Destillationsanlage geltend. Der Hanfanbau wurde dem<br />

Landwirtschaftsamt <strong>St</strong>.Gallen ordnungsgemäss gemeldet <strong>und</strong> damit offen gelegt.<br />

Zudem wurde um Direktzahlungen für diese Anbauflächen ersucht. Die Abnahme<br />

der Hanfprodukte durch die X. Y. GmbH zur Gewinnung von ätherischen Ölen <strong>und</strong><br />

Essenzen ist vertraglich geregelt. Der X. Y. GmbH wurde die Erstellung sowie die<br />

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