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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 116<br />

Bewerber oder seinen Eltern nicht zugemutet werden können. Unterstützungsleistungen<br />

der öffentlichen Sozialhilfe werden geleistet, soweit keine Hilfeleistung<br />

durch unterstützungspflichtige Verwandte, andere Private oder private Sozialhilfeinstitutionen<br />

gewährt wird oder diese nicht rechtzeitig verfügbar ist, <strong>und</strong> soweit kein<br />

Anspruch auf Sozialhilfeleistungen oder auf Sozialhilfe nach der besondern Gesetzgebung<br />

besteht (Art. 2 Abs. 2 SHG). Anspruch auf finanzielle Sozialhilfe hat, wer für<br />

seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln<br />

aufkommen kann (Art. 9 SHG).<br />

3. a) Fürsorgeleistungen gemäss Sozialhilfegesetz unterliegen dem Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Subsidiarität. Sie werden nur gewährt, wenn sich die bedürftige Person nicht<br />

selber helfen kann oder wenn Hilfe von dritter Seite nicht rechtzeitig erfolgen kann<br />

(vgl. Ziff. 3 vorstehend <strong>und</strong> Felix Wolffers, Gr<strong>und</strong>riss des Sozialhilferechts, Bern<br />

1993, S. 71 f.). <strong>St</strong>aatliche Hilfe soll erst geleistet werden, wenn zunächst alle<br />

andern Möglichkeiten der Hilfe ausgeschöpft worden sind (vgl. Wolffers, a. a. O.<br />

S. 71). Die Sozialhilfe gilt insoweit «als letztes Auffangnetz im weitreichenden Geflecht<br />

sozialer Absicherungen gegen Armutsrisiken <strong>und</strong> das Abgleiten in existentielle<br />

Not» (Kathrin Amstutz, Das Gr<strong>und</strong>recht auf Existenzsicherung, Bern 2002, S. 51).<br />

Diese Subsidiarität gilt insbesondere gegenüber dem Sozialhilfeempfänger selber.<br />

In erster Linie ist dieser aufgefordert, durch seine eigene Arbeitskraft für den<br />

Lebensunterhalt aufzukommen (vgl. dazu Charlotte Gysin; Der Schutz des Existenzminimums<br />

in der Schweiz, Basel 1999, 106 f. <strong>und</strong> Wolffers, a. a. O., S. 71). Auch<br />

das B<strong>und</strong>esgericht hält fest, dass «keinen Anspruch hat…, wer solche (Sozial-)Leistungen<br />

beansprucht, obwohl er objektiv in der Lage wäre, sich … aus eigener Kraft<br />

die für das Überleben erforderlichen Mittel selber zu beschaffen» (BGE 130 I<br />

S. 75 f.).<br />

Sozialhilfeleistungen sind aber auch subsidiär gegenüber Leistungsverpflichtungen<br />

Dritter. Sozialhilfe kann erst ausgerichtet werden, wenn u. a. die öffentlichrechtlichen<br />

Ansprüche des Gesuchstellers wie <strong>St</strong>ipendien ausgeschöpft worden<br />

sind (vgl. Wolffers, a. a. O. S. 72; Urteil des B<strong>und</strong>sgerichts 2P 169/2005 E 3.2.; GVP<br />

2000, Nr. 13, S. 37). Sozialhilfebeiträge stellen keine gemeinnützigen Fremdleistungen<br />

im Sinn von Art. 22 Abs. 1 Bst. b <strong>St</strong>ipV dar. Das Sozialhilferecht dient auch<br />

nicht dazu, generelle Korrekturen für ungenügende Regelungen bei Ausbildungsfinanzierungen<br />

vorzunehmen. Sozialhilfeleistungen können im Sinn der absoluten<br />

Subsidiarität lediglich im Rahmen von stipendienergänzenden Ausrichtungen im<br />

Einzelfall erfolgen oder als Leistungen an Personen, welche die Anspruchsvoraussetzungen<br />

für staatliche Ausbildungsbeihilfen nicht erfüllen (vgl. Wolffers, a. a. O.,<br />

S. 148, Fussnote 106).<br />

b) Der Gesetzgeber hat das Instrument der <strong>St</strong>udiendarlehen für jene Fälle geschaffen,<br />

in denen der Gesuchsteller über eine Erstausbildung verfügt, welche ihm<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich den Lebensunterhalt gewährleistet. Die Zweitausbildung ermöglicht<br />

es dem Gesuchsteller, sich auf dem Arbeitsmarkt durch eine bessere oder zusätzliche<br />

Qualifikation besser zu positionieren. Der Gesetzgeber wollte das Erlernen<br />

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