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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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Rechtspflege GVP <strong>2006</strong> Nr. 83<br />

Davon abzugrenzen ist der Begriff des Eventualbegehrens: Ein Kläger bzw.<br />

Widerkläger kann im gleichen Prozess mehrere Rechtsbegehren stellen (vgl. Art. 67<br />

Abs. 1 ZPO). Werden diese Begehren nur für den Fall gestellt, dass das Hauptbegehren<br />

(desselben Klägers bzw. Widerklägers) abgewiesen wird, handelt es sich<br />

um sog. Eventualbegehren (vgl. Art. 67 Abs. 2 ZPO; Leuenberger/Uffer-Tobler,<br />

a. a. O., N 2 zu Art. 67 ZPO). Der Begriff des Eventualbegehrens verdeutlicht damit<br />

– anders als jener der Widerklage – die <strong>St</strong>ellung eines Rechtsbegehrens unter mehreren<br />

Rechtsbegehren desselben Klägers (bzw. Widerklägers).<br />

Das vom Beklagten gestellte Rechtsbegehren, wonach der Kläger für den Fall<br />

der Rückgabe der Aktien zur Rückzahlung des Kaufpreises <strong>und</strong> Erstattung der von<br />

ihm getragenen <strong>St</strong>euerlasten zu verpflichten sei, stellt somit einerseits ein Eventualbegehren<br />

(im Verhältnis zum Hauptbegehren des Beklagten auf Abweisung der<br />

Klage) <strong>und</strong> andererseits eine eventuelle Widerklage (für den Fall der Gutheissung<br />

der vom Kläger erhobenen Klage) dar.<br />

c) In Lehre <strong>und</strong> Rechtsprechung wird eine eventuelle Widerklage nur unter der<br />

Voraussetzung als zulässig erachtet, dass sie von Anfang an rechtshängig ist, da<br />

die Rechtshängigkeit keine Bedingung ertrage (vgl. Frank/<strong>St</strong>räuli/Messmer, a. a. O.,<br />

N 15 zu § 60 ZH-ZPO, m.w.H.). Diese Voraussetzung erweist sich vorliegend als unproblematisch,<br />

da die Rechtshängigkeit mit Einreichung der Klageantwort beim Gericht<br />

eintritt (vgl. Art. 156 Abs. 3 ZPO). In Konflikt steht sie jedoch mit der Regelung<br />

von Art. 134 Abs. 2 ZPO, wonach die Widerklage vor dem Vermittler zu erheben ist,<br />

wenn ein Versöhnungsversuch stattfindet.<br />

Bereits nach altem Recht war verlangt, dass das Widerklagebegehren im Vermittlungsverfahren<br />

formuliert wurde (vgl. Art. 96 Abs. 4 aZPO; GVP 1973 Nr. 20,<br />

S. 39 ff., 40). Diese Lösung wurde – trotz gegenteiligem Antrag des Regierungsrates<br />

(vgl. Handbuch zur ZPO, <strong>St</strong>.Gallen 1991, N GR 1 zu Art. 134 ZPO) – auch in der<br />

revidierten Fassung der ZPO beibehalten <strong>und</strong> soll auch für Fälle gelten, in denen<br />

sich eine Partei nach Art. 136 ZPO freiwillig für die Vermittlung entschliesst bzw.<br />

das Vermittlungsverfahren in schriftlicher Form durchgeführt wird (vgl. Leuenberger/Uffer-Tobler,<br />

a. a. O., N 3a zu Art. 68 ZPO).<br />

d) Vorliegend wurde die Widerklage vom Beklagten erstmals in der Klageantwort<br />

erhoben, was im Sinne der obigen Ausführungen als verspätet zu gelten hat.<br />

Auf die Widerklage ist daher nicht einzutreten. Dem Beklagten bleibt es indessen<br />

unbenommen, die von ihm für den Fall, dass er zur Herausgabe der Aktien verpflichtet<br />

werden sollte, gestellten Ansprüche gegen den Kläger klageweise selbst<br />

durchzusetzen.<br />

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