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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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<strong>St</strong>aats- <strong>und</strong> Verwaltungsrecht GVP <strong>2006</strong> Nr. 59<br />

In der Einladung zur Offerteinreichung sind die Zuschlagskriterien ohne Gewichtung<br />

vermerkt. Ausserdem ist festgehalten, dass sie nicht nach Priorität geordnet<br />

seien. Diese Aufführung der Kriterien widerspricht Art. 34 Abs. 3 VöB. Sie verhindert<br />

eine transparente Gewichtung der Kriterien.<br />

cc) Nach Art. 24 Abs. 1 lit. d VRP ist eine Verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung<br />

zu versehen. Im vorliegenden Fall enthielt die Mitteilung keine Rechtsmittelbelehrung.<br />

Durch diesen Mangel erlitt die Beschwerdeführerin allerdings keinen<br />

Nachteil, da sie sich innerhalb der Beschwerdefrist anwaltlich vertreten liess <strong>und</strong><br />

formgerecht Beschwerde erhob.<br />

dd) Am 6. September 2005 teilte die zunächst mit der Durchführung des Submissionsverfahrens<br />

beauftragte Planungsunternehmung den Anbietern die Kostenzusammenstellung<br />

der Unternehmerofferten mit <strong>und</strong> gab ihnen Gelegenheit, ihre<br />

Offerten nochmals zu prüfen <strong>und</strong> das «äusserste Preisangebot» bis 9. September<br />

2005 mitzuteilen.<br />

Art. 33 Abs. 3 VöB bestimmt, dass Abgebote, ausgenommen im freihändigen<br />

Verfahren, nicht zulässig sind. Vorliegend wurde nicht ein freihändiges Verfahren,<br />

sondern ein Einladungsverfahren gemäss Art. 19bis VöB durchgeführt, weshalb die<br />

Einladung zu einer Abgebotsr<strong>und</strong>e unzulässig war.<br />

Abgebote wurden unter der Geltung der früheren Verordnung über das öffentliche<br />

Beschaffungswesen (nGS 33–50) als zulässig erachtet. Art. 33 Abs. 1 bestimmt,<br />

dass Verhandlungen geführt werden können, soweit in der Ausschreibung<br />

darauf hingewiesen wurde <strong>und</strong> sie nicht durch internationale oder interkantonale<br />

Vereinbarungen ausgeschlossen sind. Preisverhandlungen bzw. Abgebotsr<strong>und</strong>en<br />

wurden als Verhandlungen im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert. Im Nachtrag<br />

vom 8. Oktober 2002 zur Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen<br />

(nGS 37–99) wurde im neu eingefügten Art. 33 Abs. 3 VöB die Unzulässigkeit von<br />

Abgeboten, ausgenommen im freihändigen Verfahren, verankert. Die neue Verordnung<br />

macht somit eine Unterscheidung zwischen Verhandlungen im Allgemeinen,<br />

welche gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig sind, <strong>und</strong> unzulässigen Preisverhandlungen<br />

(vgl. Handbuch öffentliches Beschaffungswesen der <strong>St</strong>aatsverwaltung, Kapitel 9,<br />

S. 10).<br />

Da die Beschwerdeführerin aber selbst vorbehaltlos auf die Abgebotsr<strong>und</strong>e eingetreten<br />

ist, widerspricht es Treu <strong>und</strong> Glauben, diesen Umstand im Beschwerdeverfahren<br />

zu rügen.<br />

ee) Gemäss Anhang 1 zur VöB sind Aufträge im Baunebengewerbe ab<br />

Fr. 250 000.– im offenen oder selektiven Verfahren zu vergeben. Im vorliegenden<br />

Fall wurde ein Einladungsverfahren durchgeführt.<br />

Aus dem Offertöffnungsprotokoll geht hervor, dass die Angebotspreise zwischen<br />

r<strong>und</strong> Fr. 338 000.– <strong>und</strong> r<strong>und</strong> Fr. 388 000.– lagen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die<br />

Vorinstanz bei der Einladung davon ausgehen durfte, die Angebote lägen unter dem<br />

Betrag von Fr. 250 000.–. Folglich hätte der Auftrag im offenen oder selektiven Verfahren<br />

vergeben <strong>und</strong> eine Ausschreibung durchgeführt werden müssen.<br />

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