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St.gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis 2006

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GVP <strong>2006</strong> Nr. 36 <strong>Gerichts</strong>praxis<br />

unzumutbar erweisen. Abgabesubjekt ist folglich der Gr<strong>und</strong>eigentümer. Das Objekt<br />

der Ersatzabgabe ist abhängig von der eigentlichen Pflicht zur Erstellung eines<br />

Spielplatzes. Der Gr<strong>und</strong>eigentümer wird nur abgabepflichtig, wenn er einen gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Kinderspielplatz (teilweise) nicht erstellen kann. Gemäss<br />

Art. 60 Abs. 1 aBauR besteht eine solche Pflicht nur beim Bau von Mehrfamilienhäusern<br />

mit sechs <strong>und</strong> mehr Wohnungen sowie von fünf <strong>und</strong> mehr zusammengebauten<br />

Einfamilienhäusern. In sämtlichen übrigen im BauG fakultativ vorgesehenen<br />

Tatbeständen (Mehrfamilienhäuser mit weniger Wohnungen, bestehende Bauten)<br />

wurde auf die Anordnung einer Erstellungspflicht verzichtet. Daraus folgt, dass in X<br />

nach dem damals gültigen Baureglement bei bestehenden Bauten keinerlei Verpflichtung<br />

zur Erstellung eines Spielplatzes bestand.<br />

6. Schliesslich ist die Anwendung auf den konkreten Fall zu prüfen.<br />

a) Abgabepflichtig ist gemäss Art. 60 Abs. 4 aBauR in Verbindung mit Art. 74<br />

BauG der Gr<strong>und</strong>eigentümer. Im Zeitpunkt der Entstehung des Ersatzabgabeanspruchs<br />

am 2./3. November 2004 war die Rekurrentin Gr<strong>und</strong>eigentümerin des fraglichen<br />

Gr<strong>und</strong>stücks. Folglich ist sie Abgabesubjekt.<br />

b) In Bezug auf das neu erstellte Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen besteht<br />

die Abgabepflicht im Sinn von Art. 60 Abs. 4 aBauR in Verbindung mit Art. 74<br />

BauG. Beim anderen Gebäude handelt es sich indessen um eine bereits bestehende<br />

Baute. Da das BauG explizit zwischen der Erstellungspflicht bei Neubauten <strong>und</strong><br />

bestehenden Bauten unterscheidet, kann es nicht angehen, den Umbau dieses Gebäudes<br />

unter die Bestimmung von Art. 60 Abs. 1 aBauR, welche nur die Erstellungspflicht<br />

beim Neubau regelt, zu subsumieren. Daran vermag auch die Tatsache,<br />

dass dieses Gebäude mit dem Umbau erstmals der Wohnnutzung zugeführt<br />

wurde, nichts zu ändern. Gemäss dem damals anwendbaren Baureglement der<br />

Gemeinde X bestand für bestehende Bauten keine Pflicht zur Erstellung eines Kinderspielplatzes.<br />

Daran hat sich auch mit dem neuen Baureglement nichts geändert.<br />

Demzufolge kann für dieses Gebäude auch keine Ersatzabgabe erhoben werden.<br />

Diesbezüglich ist die angefochtene Verfügung deshalb aufzuheben.<br />

c) Bleibt noch die Überprüfung der Bemessung in Bezug auf das neu erstellte<br />

Mehrfamilienhaus. Im Vordergr<strong>und</strong> steht dabei das Prinzip der Verhältnismässigkeit.<br />

Denn mit der Ersatzabgabe, die an keine direkte Gegenleistung des Gemeinwesens<br />

geknüpft ist, soll lediglich die Rechtsgleichheit zu den real leistenden<br />

Gr<strong>und</strong>eigentümern hergestellt werden. Die Ersatzabgabe darf daher nicht höher<br />

sein, als dieser Ausgleich es erfordert. Ausgangspunkt ist der Vorteil, der dem<br />

Pflichtigen aus der Baudispens erwächst (BGE 120 Ib 370 Erw. 6c; 102 Ia 15).<br />

Dieser Vorteil entspricht einerseits der Ersparnis von Baukosten, andrerseits der<br />

besseren Ausnützung des Gr<strong>und</strong>stücks. Bei der Bemessung ist nicht auf die im<br />

konkreten Fall ersparten Kosten abzustellen, da eine Ablösungspflicht ja gerade<br />

dort Platz greift, wo der Bau unmöglich wird oder mit unverhältnismässig hohen<br />

Kosten verb<strong>und</strong>en wäre. Massgebend sind daher die durchschnittlichen Verhältnisse<br />

der übrigen, baupflichtigen Eigentümer (BGE 97 I 807).<br />

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