5/43-2 - Landtag Brandenburg - Land Brandenburg
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Prof. Dr. Martini - Stellungnahme °Zeitliche Obergrenze für einen Vorteilsausgleich bei Anschlussbeiträgen"<br />
gaben) allerdings vorsichtiger: »Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Einzelne im Übrigen<br />
unmittelbar dem Gesetz entnehmen können, innerhalb welcher Frist sein Anspruch<br />
verjährt. 5 Als ein verfassungsrechtliches Gebot ist eine Höchstfrist in der deutschen Rechtsprechung<br />
des EuGH (unten aa), des BVerwG und des BSG (unten bb), der (sonstigen) Oberverwaltungsgerichte<br />
(unten cc) und des BGH (unten dd) sowie der Literatur in dieser Klarheit<br />
aber nur vereinzelt formuliert worden.<br />
aa) Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />
Anders demgegenüber in der Rechtsprechung des EuGH: Er hat »dem Grundsatz der Rechtssicherheit«<br />
entnommen, »dass die Lage des Wirtschaftsteilnehmers im Hinblick auf seine<br />
Rechte und Pflichten gegenüber der nationalen Behörde nicht unbegrenzt offen bleiben<br />
kann«. 6 Vielmehr müsse die Verjährungsfrist im Voraus festgelegt sein, um ihren Zweck zu<br />
erfüllen, die Rechtssicherheit zu gewährleisten.' Jede »analoge« Anwendung einer Verjährungsfrist<br />
müsse für den Betroffenen hinreichend vorhersehbar sein, d. h auf eine hinreichend<br />
vorhersehbare Rechtsprechungspraxis zurückgehen. 9 Die Länge in diesem Sinne vorhersehbarer<br />
Verjährungsfristen misst der EuGH am Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Die Frist<br />
darf nicht offensichtlich über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. 9<br />
bb) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts<br />
Im Bereich des Allgemeinen Verwaltungsrechts und des Sozialrechts findet sich eine ausgefeilte<br />
Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte (v. a. am Beispiel der Rücknahme von<br />
Verwaltungsakten) zur Möglichkeit einer Verjährung und einer Geltendmachung von Forderungen:<br />
Sowohl das BVerwG als auch das BSG haben für die ihrer Rechtsprechung unterworfenen<br />
Teilbereiche der Rechtsordnung einen allgemeinen Rechtsgrundsatz hergeleitet:<br />
»Nach Ablauf von 30 Jahren darf eine einmal getroffene Regelung keinesfalls mehr infrage<br />
gestellt werden.«'° Dass sich das BVerfG in seiner Entscheidung vom 5.3.2013 mit diesen<br />
Aussagen nicht auseinandergesetzt und die sonst in der Rechtsprechung übliche (auch für<br />
die zu entscheidende Fallgestaltung denkbare) analoge Anwendung von Verjährungsvorschriften<br />
anderer Rechtsmaterien in seiner Entscheidung vom 5.3.2013 nicht ventiliert hat,<br />
überrascht. Es hätte nahe gelegen, dass das BVerfG klärt, ob sich eine solche allgemeine Verjährungsfrist,<br />
wie sie das Gericht fordert, dem geltenden Recht im Wege der analogen Anwendung<br />
bereits entnehmen lässt. Stattdessen geht es lediglich auf das Instrument der Verwirkung<br />
ein, 11 das anderen Voraussetzungen folgt. Entbehrlich ist eine solche Auseinandersetzung<br />
nur in zwei Fällen: (1.) wenn das BVerfG eine 30-jährige Verjährungsfrist nicht mehr<br />
für angemessen hält oder (2.) eine ungeschriebene, der Rechtsprechung zu entnehmende<br />
5 Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S. 366.<br />
6 EuGH, Urt. v. 21.1.2010, C-472/0 8, SIg. 2010,1-623, Rn. 16.<br />
7 EuGH, Urt. v. 15.7.1970, Rs. 41/69, Sig. 1970, S. 661, Rn. 19; Urt. v. 11.7.2002, Rs. C-62/00, SIg. 2002,1-6325, Rn. 39; Urt. v.<br />
5.5.2011, C-201/10 et al., 2011,1-3545, Rn. 32.<br />
8 EuGH, Urt. v. 24.3.2009, C-445/0 6, 51g. 2009,1-2119, Rn. 34.<br />
9 EuGH (Vierte Kammer), Urt. v. 5.5.2011, SIg. 2011,1, 3545, Rn. 37.<br />
1° Hervorhebungen cl. Verf.; BSGE 72, 139 (145 f.) = NVwZ-RR 1994, 628; dazu kritisch Erfmeyer, VR 1999, 48; BVerwG,<br />
NVwZ 2011, 949 (950).<br />
11 BVerfG, Beschl. v. 5.3.2013 Rn. 48.<br />
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