5/43-2 - Landtag Brandenburg - Land Brandenburg
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Prof. Dr. Martini - Stellungnahme „Zeitliche Obergrenze für einen Vorteilsausgleich bei Anschlussbeiträgen"<br />
Im Ergebnis sprechen gute Gründe dafür, dass die gesetzgeberische Anordnung einer 15-<br />
jährigen Verjährungsfrist im Verbund mit einer 10-jährigen Hemmungsdauer nicht als verfassungsrechtlich<br />
unvertretbarer Ausgleich der betroffenen Interessen anzusehen ist.<br />
Als verfassungsrechtlich nicht unproblematisch erweist sich dabei allerdings die Behandlung<br />
derjenigen Fälle, in denen auf der Grundlage der bis zum 31.1.2004 geltenden Rechtslage<br />
(die den Vorstellungen des BVerfG von einer verfassungskonformen Regelung entspricht) 110<br />
die erste wirksame Satzung rückwirkend in Kraft zu setzen und die Festsetzungsfrist deshalb<br />
bereits abgelaufen war bzw. wäre, weil der erste Satzungsversuch bereits mehr als vier Jahre<br />
zurück lag (dazu bereits im Einzelnen oben 2. a, S. 5 ff.). Die Anwendung des § 8 Abs. 7 S. 2<br />
n.F. BbgKAG und einer 25-jährigen »Schonfrist« für die Aufgabenträger auf diese Konstellation<br />
begründen zwar in den Fällen keine echte Rückwirkung, in denen bis zur Neuregelung des<br />
§ 8 Abs. 7 S. 2 BbgKAG noch keine wirksame Satzung existierte. Denn die Entstehung der Beitragspflicht<br />
setzt eine wirksame Satzung voraus. Nicht zuletzt hat das BVerfG hat dem Gesetzgeber<br />
in seiner Entscheidung vom 5.3.2013 insbesondere auch grundsätzlich die Möglichkeit<br />
zugestanden, die Festsetzungsfrist in den Fällen zu verlängern, in denen eine Satzung<br />
rückwirkend in Kraft gesetzt wird.'<br />
Soweit auf der Grundlage einer alten Rechtslage die Forderung aber deshalb nicht mehr<br />
durchsetzbar war, weil der erste Satzungsversuch mehr als vier Jahre zurücklag, rückt der<br />
Gesetzgeber damit in eine verfassungsrechtlich problematische Zone vor. Um die Geltendmachung<br />
der Forderung nachträglich zuzulassen, muss der Gesetzgeber besonders hohe Anforderungen<br />
erfüllen, die die Zulässigkeit der Beitragserhebung noch rechtfertigen. Nachdem<br />
die Regelung des § 8 Abs. 2 5. 7 a. F. BbgKAG eine verfassungskonforme Gestaltung vorgesehen<br />
hat, die dem Gedanken der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit - anders als<br />
die heutige Rechtslage - Rechnung trägt, lassen sich nicht ohne Weiteres Sachgründe finden,<br />
die eine heutige Beitragserhebung und die damit einhergehende unechte Rückwirkung<br />
rechtfertigen. Aus der Perspektive des Bürgers kommt die Geltendmachung von Forderungen<br />
in seinem Fall in ihrer grundrechtlichen Wirkung sowie in dem Bruch von Vertrauen einer<br />
echten Rückwirkung gleich. 112 Das Verfassungsgericht des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> hat die<br />
Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 7 S. 2 n.F. BbgKAG noch bejaht und seine Anwendung auf<br />
Fallgestaltungen, in denen der erste Satzungsversuch vor dem Jahr 2000 gelegen hat, sich<br />
die Satzung aber als nicht wirksam erwiesen hat, für verfassungsrechtlich zulässig erklärt. 113<br />
Das verfassungsrechtliche Risiko, dass das BVerfG eine Geltendmachung von Beitragsforderungen<br />
in diesen Fällen als mit der Verfassung nicht vereinbar einstuft, ist als nicht gering<br />
einzuschätzen. Soll dieses Risikopotenzial und die damit verbundene Unsicherheit vermieden<br />
zu werden, empfiehlt es sich, diese Fälle von einer Durchsetzung noch offener Forderungen<br />
auszunehmen (vgl. dazu bereits im Einzelnen oben 2. a, S. 5 ff.).<br />
11° BVerfG, Beschluss vom 5.3.2013, Rn. 50.<br />
BVerfG, Beschluss vom 5.3.2013, Rn. 50.<br />
112<br />
Vgl. oben S. 9.<br />
113 VfGBbg, Beschl. v. 21.9.2011 — 46/11.<br />
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