Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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fe bei den Römern (411 343). Als das begehrte Bündnis verweigert ward, bot die<br />
kampanische Gesandtschaft die Unterwerfung der Stadt unter die Oberherrlichkeit<br />
Roms an, und solcher Lockung vermochten die Römer nicht zu widerstehen. <strong>Römische</strong><br />
Gesandte gingen zu den Samniten, ihnen den neuen Erwerb anzuzeigen<br />
und sie aufzufordern, das Gebiet der befreundeten Macht zu respektieren. Wie die<br />
Ereignisse weiter verliefen, ist im einzelnen nicht mehr zu ermitteln 15 ; wir sehen<br />
15 Vielleicht kein Abschnitt der römischen Annalen ist ärger entstellt als die Erzählung des ersten<br />
samnitisch-latinischen Krieges, wie sie bei Livius, Dionysios, Appian steht oder stand. Sie lautet<br />
etwa folgendermaßen. Nachdem 411 (343) beide Konsuln in Kampanien eingerückt waren, erfocht<br />
zuerst der Konsul Marcus Valerius Corvus am Berge Gaurus über die Samniten einen schweren und<br />
blutigen Sieg; alsdann auch der Kollege Aulus Cornelius Cossus, nachdem er der Vernichtung in<br />
einem Engpaß durch Hingebung einer von dem Kriegstribun Publius Decius geführten Abteilung<br />
entgangen war. Die dritte und entscheidende Schlacht ward am Eingang der Caudinischen Pässe bei<br />
Suessula von den beiden Konsuln geschlagen; die Samniten wurden vollständig überwunden – man<br />
las vierzigtausend ihrer Schilde auf dem Schlachtfelde auf – und zum Frieden genötigt, in welchem<br />
die Römer Capua, das sich ihnen zu eigen gegeben, behielten, Teanum dagegen den Samniten überließen<br />
(413 341). Glückwünsche kamen von allen Seiten, selbst von Karthago. Die Latiner, die den<br />
Zuzug verweigert hatten und gegen Rom zu rüsten schienen, wandten ihre Waffen statt gegen Rom<br />
vielmehr gegen die Paeligner, während die Römer zunächst durch eine Militärverschwörung der in<br />
Kampanien zurückgelassenen Besatzung (412 342), dann durch die Einnahme von Privernum (413<br />
341) und den Krieg gegen die Antiaten beschäftigt waren. Nun aber wechseln plötzlich und seltsam<br />
die Parteiverhältnisse. Die Latiner, die umsonst das römische Bürgerrecht und Anteil am Konsulat<br />
gefordert hatten, erhoben sich gegen Rom in Gemeinschaft mit den Sidicinern, die vergeblich den<br />
Römern die Unterwerfung angetragen hatten und vor den Samniten sich nicht zu retten wußten, und<br />
mit den Kampanern, die der römischen Herrschaft bereits müde waren. Nur die Laurenter in Latium<br />
und die kampanischen Ritter hielten zu den Römern, welche ihrerseits Unterstützung fanden bei<br />
den Paelignern und den Samniten. Das latinische Heer überfiel Samnium; das römisch-samnitische<br />
schlug, nachdem es an den Fuciner See und von da an Latium vorüber in Kampanien einmarschiert<br />
war, die Entscheidungsschlacht gegen die vereinigten Latiner und Kampaner am Vesuv, welche der<br />
Konsul Titus Manlius Imperiosus, nachdem er selbst durch die Hinrichtung seines eigenen, gegen<br />
den Lagerbefehl siegenden Sohnes die schwankende Heereszucht wiederhergestellt und sein Kollege<br />
Publius Decius Mus die Götter versöhnt hatte durch seinen Opfertod, endlich mit Aufbietung der<br />
letzten Reserve gewann. Aber erst eine zweite Schlacht, die der Konsul Manlius den Latinern und<br />
Kampanern bei Trifanum lieferte, machte dem Krieg ein Ende; Latium und Capua unterwarfen sich<br />
und wurden um einen Teil ihres Gebietes gestraft.<br />
Einsichtigen und ehrlichen Lesern wird es nicht entgehen, daß dieser Bericht von Unmöglichkeiten<br />
aller Art wimmelt. Dahin gehört das Kriegführen der Antiaten nach der Dedition von 377 (377)<br />
(Liv. 6, 33); der selbständige Feldzug der Latiner gegen die Paeligner im schneidenden Widerspruch<br />
zu den Bestimmungen der Verträge zwischen Rom und Latium; der unerhörte Marsch des römischen<br />
Heeres durch das marsische und samnitische Gebiet nach Capua, während ganz Latium gegen Rom<br />
in Waffen stand; um nicht zu reden von dem ebenso verwirrten wie sentimentalen Bericht über den<br />
Militäraufstand von 412 (342) und den Geschichtchen von dem gezwungenen Anführer desselben,<br />
dem lahmen Titus Quinctius, dem römischen Götz von Berlichingen. Vielleicht noch bedenklicher<br />
sind die Wiederholungen; so ist die Erzählung von dem Kriegstribun Publius Decius nachgebildet der<br />
mutigen Tat des Marcus Calpurnius Flamma, oder wie er sonst hieß, im Ersten Punischen Kriege; so<br />
kehrt die Eroberung Privernums durch Gaius Plautius wieder im Jahre 425 (329), und nur diese zweite<br />
ist in den Triumphalfasten verzeichnet; so der Opfertod des Publius Decius bekanntlich bei dem