Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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66 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />
zelner solcher Beamten immer ohne Mühe und in der Regel durch das Tribunat<br />
selbst Herr ward.<br />
In der Tat war es der Senat, der die Gemeinde regierte, und fast ohne Widerstand<br />
seit der Ausgleichung der Stände. Seine Zusammensetzung selbst war eine<br />
andere geworden. Das freie Schalten der Oberbeamten, wie es nach Beseitigung<br />
der alten Geschlechtervertretung in dieser Hinsicht stattgefunden hatte, hatte schon<br />
mit der Abschaffung der lebenslänglichen Gemeindevorstandschaft sehr wesentliche<br />
Beschränkungen erfahren.<br />
Ein weiterer Schritt zur Emanzipation des Senats von der Beamtengewalt erfolgte<br />
durch den Übergang der Feststellung dieser Listen von den höchsten Gemeindebeamten<br />
auf eine Unterbehörde, von den Konsuln auf die Zensoren. Allerdings<br />
wurde, sei es gleich damals oder bald nachher, auch das Recht des mit der<br />
Anfertigung der Liste beauftragten Beamten, einzelne Senatoren wegen eines ihnen<br />
anhaftenden Makels aus derselben wegzulassen und somit aus dem Senat auszuschließen,<br />
wo nicht eingeführt, doch wenigstens schärfer formuliert 7 und somit<br />
jenes eigentümliche Sittengericht begründet, auf dem das hohe Ansehen der Zensoren<br />
vornehmlich beruht. Allein derartige Rügen konnten, da zumal beide Zensoren<br />
darüber einig sein mußten, wohl dazu dienen, einzelne der Versammlung nicht zur<br />
Ehre gereichende oder dem in ihr herrschenden Geist feindliche Persönlichkeiten<br />
zu entfernen, nicht aber sie selbst in Abhängigkeit von der Magistratur versetzen.<br />
Entscheidend aber beschränkte das Ovinische Gesetz, welches etwa um die<br />
Mitte dieser Periode, wahrscheinlich bald nach den Licinischen Gesetzen durchgegangen<br />
ist, das Recht der Beamten, den Senat nach ihrem Ermessen zu konstituieren,<br />
indem es demjenigen, der kurulischer Ädil, Prätor oder Konsul gewesen<br />
war, sofort vorläufig Sitz und Stimme im Senat verlieh und die nächst eintretenden<br />
Zensoren verpflichtete, diese Expektanten entweder förmlich in die Senatorenliste<br />
einzuzeichnen oder doch nur aus denjenigen Gründen, welche auch zur Aus-<br />
7 Diese Befugnis sowie die ähnlichen hinsichtlich der Ritter- und der Bürgerliste waren wohl<br />
nicht förmlich und gesetzlich den Zensoren beigelegt, lagen aber tatsächlich von jeher in ihrer Kompetenz.<br />
Das Bürgerrecht vergibt die Gemeinde, nicht der Zensor aber wem dieser in dem Verzeichnis<br />
der Stimmberechtigten keine oder eine schlechtere Stelle anweist, der verliert das Bürgerrecht nicht,<br />
kann aber die bürgerlichen Befugnisse nicht oder nur an dem geringeren Platz ausüben bis zur Anfertigung<br />
einer neuen Liste. Ebenso verhält es sich mit dem Senat: wen der Zensor in seiner Liste<br />
ausläßt, der scheidet aus demselben, solange die betreffende Liste gültig bleibt – es kommt vor, daß<br />
der vorsitzende Beamte sie verwirft und die ältere Liste wieder in Kraft setzt. Offenbar kam also<br />
in dieser Hinsicht es nicht so sehr darauf an, was den Zensoren gesetzlich freistand, sondern was<br />
bei denjenigen Beamten, welche nach ihren Listen zu laden hatten, ihre Autorität vermochte. Daher<br />
begreift man, wie diese Befugnis allmählich stieg und wie mit der steigenden Konsolidierung<br />
der Nobilität dergleichen Streichungen gleichsam die Form richterlicher Entscheidungen annahmen<br />
und gleichsam als solche respektiert wurden. Hinsichtlich der Feststellung der Senatsliste hat freilich<br />
auch ohne Zweifel die Bestimmung des Ovinischen Plebiszits wesentlich mitgewirkt, daß die<br />
Zensoren “aus allen Rangklassen die Besten” in den Senat nehmen sollten.