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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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Bürgerschaft verweigert, ja nach einigen Berichten ernannte man die tapferen Vorkämpfer<br />

für das Vaterland sogar zur Konsulartribunen für das Jahr 364 (390) 6 , das<br />

in den römischen Annalen so verhängnisvoll werden sollte. Da brach der Brennus,<br />

das heißt der Heerkönig der Gallier, die Belagerung von Clusium ab und der ganze<br />

Keltenschwarm – die Zahl wird auf 70000 Köpfe angegeben – wandte sich gegen<br />

Rom. Solche Züge in unbekannte und ferne Gegenden waren den Galliern geläufig,<br />

die unbekümmert um Deckung und Rückzug als bewaffnete Auswandererscharen<br />

marschierten; in Rom aber ahnte man offenbar nicht, welche Gefahr in diesem so<br />

plötzlichen und so gewaltigen Überfall lag. Erst als die Gallier im Anmarsch auf<br />

Rom waren, überschritt eine römische Heeresmacht den Tiber und vertrat ihnen<br />

den Weg. Keine drei deutsche Meilen von den Toren, gegenüber der Mündung des<br />

Baches Allia in den Tiberfluß, trafen die Heere aufeinander und kam es am 18. Juli<br />

364 (390) zur Schlacht. Auch jetzt noch ging man, nicht wie gegen ein Heer, sondern<br />

wie gegen Räuber, übermütig und tolldreist in den Kampf unter unerprobten<br />

Feldherren – Camillus hatte infolge des Ständehaders von den Geschäften sich zurückgezogen.<br />

Waren es doch Wilde, gegen die man fechten sollte; was bedurfte es<br />

des Lagers, der Sicherung des Rückzugs? Aber die Wilden waren Männer von todverachtendem<br />

Mut und ihre Fechtweise den Italikern so neu wie schrecklich; die<br />

bloßen Schwerter in der Faust stürzten die Kelten im rasenden Anprall sich auf die<br />

römische Phalanx und rannten sie im ersten Stoße über den Haufen. Die Niederlage<br />

war vollständig; von den Römern, die den Fluß im Rücken gefochten hatten,<br />

fand ein großer Teil bei dem Versuch, denselben zu überschreiten, seinen Untergang;<br />

was sich rettete, warf sich seitwärts nach dem nahen Veii. Die siegreichen<br />

Kelten standen zwischen dem Rest des geschlagenen Heeres und der Hauptstadt.<br />

Diese war rettungslos dem Feinde preisgegeben; die geringe dort zurückgebliebene<br />

oder dorthin geflüchtete Mannschaft reichte nicht aus, um die Mauern zu besetzen,<br />

und drei Tage nach der Schlacht zogen die Sieger durch die offenen Tore in Rom<br />

ein. Hätten sie es am ersten getan, wie sie es konnten, so war nicht bloß die Stadt,<br />

sondern auch der Staat verloren; die kurze Zwischenzeit machte es möglich, die<br />

Heiligtümer zu flüchten oder zu vergraben und, was wichtiger war, die Burg zu<br />

besetzen und notdürftig mit Lebensmitteln zu versehen. Was die Waffen nicht tragen<br />

konnte, ließ man nicht auf die Burg – man hatte kein Brot für alle. Die Menge<br />

der Wehrlosen verlief sich in die Nachbarstädte; aber manche, vor allem eine Anzahl<br />

angesehener Greise, mochten den Untergang der Stadt nicht überleben und<br />

erwarteten in ihren Häusern den Tod durch das Schwert der Barbaren. Sie kamen,<br />

mordeten und plünderten, was an Menschen und Gut sich vorfand und zündeten<br />

schließlich vor den Augen der römischen Besatzung auf dem Kapitol die Stadt an<br />

6 Dies ist nach der gangbaren Gleichung 390 v. Chr.; in der Tat aber fiel die Einnahme Roms Ol.<br />

98, 1 = 388 v. Chr. und ist nur durch die zerrüttete römische Jahrzählung verschoben.<br />

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