Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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genossenschaft auf einen Anteil an der beweglichen Beute wie an dem eroberten<br />
Lande blieb formell bestehen; aber der Sache nach ist der wesentliche Kriegsertrag<br />
ohne Zweifel schon in früher Zeit an den führenden Staat gekommen. Selbst<br />
bei der Anlegung der Bundesfestungen oder der sogenannten latinischen Kolonien<br />
waren in der Regel vermutlich die meisten und nicht selten alle Ansiedler Römer;<br />
und wenn auch dieselben durch die Übersiedelung aus römischen Bürgern Bürger<br />
einer eidgenössischen Gemeinde wurden, so blieb doch wohl der neugepflanzten<br />
Ortschaft häufig eine überwiegende und für die Eidgenossenschaft gefährliche Anhänglichkeit<br />
an die wirkliche Mutterstadt.<br />
Die Rechte dagegen, welche die Bundesverträge dem einzelnen Bürger einer<br />
der verbündeten Gemeinden in jeder Bundesstadt zusicherten, wurden nicht beschränkt.<br />
Es gehörten dahin namentlich die volle Rechtsgleichheit in Erwerb von<br />
Grundbesitz und beweglicher Habe, in Handel und Wandel, Ehe und Testament,<br />
und die unbeschränkte Freizügigkeit, sodaß der in einer Bundesstadt verbürgerte<br />
Mann nicht bloß in jeder andern sich niederzulassen rechtlich befugt war, sondern<br />
auch daselbst als Rechtsgenosse (municeps) mit Ausnahme der passiven Wahlfähigkeit<br />
an allen privaten und politischen Rechten und Pflichten teilnahm, sogar wenigstens<br />
in der nach Distrikten berufenen Gemeindeversammlung in einer freilich<br />
beschränkten Weise zu stimmen befugt war 5 .<br />
So etwa mag in der ersten republikanischen Zeit das Verhältnis der römischen<br />
Gemeinde zu der latinischen Eidgenossenschaft beschaffen gewesen sein, ohne daß<br />
sich ausmachen ließe, was darin auf ältere Satzungen und was auf die Bündnisrevision<br />
von 261 (493) zurückgeht.<br />
Mit etwas größerer Sicherheit darf die Umgestaltung der Ordnungen der einzelnen<br />
zu der latinischen Eidgenossenschaft gehörigen Gemeinden nach dem Muster<br />
der römischen Konsularverfassung als Neuerung bezeichnet und in diesen Zusammenhang<br />
gestellt werden. Denn obgleich die verschiedenen Gemeinden zu der Abschaffung<br />
des Königtums an sich recht wohl voneinander unabhängig gelangt sein<br />
können, so verrät doch die gleichartige Benennung der neuen Jahreskönige in der<br />
römischen und den übrigen Gemeindeverfassungen von Latium sowie die weitgreifende<br />
Anwendung des so eigentümlichen Kollegialitätsprinzips 6 augenscheinlich<br />
als Offiziere bezeichnet.<br />
5 Es wurde ein solcher Insasse nicht wie der wirkliche Mitbürger einem ein für allemal bestimmten<br />
Stimmbezirk zugeteilt, sondern vor jeder einzelnen Abstimmung nach Stimmbezirken der, in dem die<br />
Insassen diesmal zu stimmen hatten, durch das Los festgestellt. Der Sache nach kam dies wohl darauf<br />
hinaus, daß in der römischen Tribusversammlung den Latinern eine Stimme eingeräumt ward. Da der<br />
Platz in irgendeiner Tribus die Vorbedingung des ordentlichen Zenturiatstimmrechts war, so muß,<br />
wenn die Insassen auch in der Zenturienversammlung mitgestimmt haben, was wir nicht wissen, für<br />
diese eine ähnliche Losung festgesetzt gewesen sein. An den Kurien werden sie gleich den Plebejern<br />
teilgenommen haben.<br />
6 Regelmäßig stehen bekanntlich die latinischen Gemeinden unter zwei Prätoren. Daneben kom-<br />
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