Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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56 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />
stand zeigt die Niedersetzung einer Bankkommission zur Regulierung der Kreditverhältnisse<br />
und zur Leistung von Vorschüssen aus der Staatskasse im Jahre 402<br />
(352), die Anordnung gesetzlicher Terminzahlungen im Jahre 407 (347) und vor<br />
allen Dingen der gefährliche Volksaufstand um das Jahr 467 (287), wo das Volk,<br />
nachdem es neue Erleichterungen in der Schuldzahlung nicht hatte erreichen können,<br />
hinaus auf das Ianiculum zog und erst ein rechtzeitiger Angriff der äußeren<br />
Feinde und die in dem Hortensischen Gesetz enthaltenen Zugeständnisse der Gemeinde<br />
den Frieden wiedergaben. Indes ist es sehr ungerecht, wenn man jenen<br />
ernstlichen Versuchen, der Verarmung des Mittelstandes zu steuern, ihre Unzulänglichkeit<br />
entgegenhält; die Anwendung partialer und palliativer Mittel gegen<br />
radikale Leiden für nutzlos zu erklären, weil sie nur zum Teil helfen, ist zwar<br />
eines der Evangelien, das der Einfalt von der Niederträchtigkeit nie ohne Erfolg<br />
gepredigt wird, aber darum nicht minder unverständig. Eher ließe sich umgekehrt<br />
fragen, ob nicht die schlechte Demagogie sich damals schon dieser Angelegenheit<br />
bemächtigt gehabt und ob es wirklich so gewaltsamer und gefährlicher Mittel bedurft<br />
habe, wie zum Beispiel die Kürzung der gezahlten Zinsen am Kapital ist.<br />
Unsere Akten reichen nicht aus, um hier über Recht und Unrecht zu entscheiden;<br />
allein klar genug erkennen wir, daß der ansässige Mittelstand immer noch in einer<br />
bedrohten und bedenklichen ökonomischen Lage sich befand, daß man von oben<br />
herab vielfach, aber natürlich vergeblich sich bemühte, ihm durch Prohibitivgesetze<br />
und Moratorien zu helfen, daß aber das aristokratische Regiment fortdauernd<br />
gegen seine eigenen Glieder zu schwach und zu sehr in egoistischen Standesinteressen<br />
befangen war, um durch das einzige wirksame Mittel, das der Regierung zu<br />
Gebote stand, durch die völlige und rückhaltlose Beseitigung des Okkupationssystems<br />
der Staatsländereien, dem Mittelstande aufzuhelfen und vor allen Dingen die<br />
Regierung von dem Vorwurf zu befreien, daß sie die gedrückte Lage der Regierten<br />
zu ihrem eigenen Vorteil ausbeute.<br />
Eine wirksamere Abhilfe, als die Regierung sie gewähren wollte oder konnte,<br />
brachten den Mittelklassen die politischen Erfolge der römischen Gemeinde<br />
und die allmählich sich befestigende Herrschaft der Römer über Italien. Die vielen<br />
und großen Kolonien, die zu deren Sicherung gegründet werden mußten und<br />
von denen die Hauptmasse im fünften Jahrhundert ausgeführt wurde, verschafften<br />
dem ackerbauenden Proletariat teils eigene Bauernstellen, teils durch den Abfluß<br />
auch den Zurückgebliebenen Erleichterung daheim. Die Zunahme der indirekten<br />
und außerordentlichen Einnahmen, überhaupt die glänzende Lage der römischen<br />
Finanzen führte nur selten noch die Notwendigkeit herbei, von der Bauernschaft<br />
in Form der gezwungenen Anleihe Kontribution zu erheben. War auch der ehemalige<br />
Kleinbesitz wahrscheinlich unrettbar verloren, so mußte der steigende Durchschnittssatz<br />
des römischen Wohlstandes die bisherigen größeren Grundbesitzer in<br />
Bauern verwandeln und auch insofern dem Mittelstand neue Glieder zuführen. Die