Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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96 KAPITEL 5. UNTERWERFUNG DER LATINER UND KAMPANER<br />
Fixierung des Umfanges von Latium zusammen. Solange die latinische Eidgenossenschaft<br />
noch offen war, hatte auch die Grenze von Latium mit der Anlage neuer<br />
Bundesstädte sich vorgeschoben; aber wie die jüngeren latinischen Kolonien keinen<br />
Anteil am Albaner Fest erhielten, galten sie auch geographisch nicht als Teil<br />
von Latium – darum werden wohl Ardea und Circeii, nicht aber Sutrium und Tarracina<br />
zur Landschaft Latium gerechnet.<br />
Aber nicht bloß wurden die nach 370 (384) mit latinischem Recht ausgestatteten<br />
Orte von der eidgenössischen Gemeinschaft ferngehalten, sondern es wurden<br />
dieselben auch privatrechtlich insofern voneinander isoliert, als die Verkehrs- und<br />
wahrscheinlich auch die Ehegemeinschaft (<strong>com</strong>mercium et conubium) einer jeden<br />
von diesen Gemeinden zwar mit der römischen, nicht aber mit den übrigen latinischen<br />
gestattet ward, so daß also zum Beispiel der Bürger von Sutrium wohl in<br />
Rom, aber nicht in Praeneste einen Acker zu vollem Eigentum besitzen und wohl<br />
von einer Römerin, nicht aber von einer Tiburtinerin rechte Kinder gewinnen konnte<br />
13 .<br />
Wenn ferner bisher innerhalb der Eidgenossenschaft eine ziemlich freie Bewegung<br />
gestattet worden war und zum Beispiel die sechs altlatinischen Gemeinden<br />
Aricia, Tusculum, Tibur, Lanuvium, Cora und Laurentum und die zwei neulatinischen<br />
Ardea und Suessa Pometia der aricinischen Diana ein Heiligtum gemeinschaftlich<br />
hatten stiften dürfen, so findet von ähnlichen der römischen Hegemonie<br />
Gefahr drohenden Sonderkonföderationen, ohne Zweifel nicht zufällig, in späterer<br />
Zeit sich kein weiteres Beispiel.<br />
Ebenso wird man die weitere Umgestaltung der latinischen Gemeindeverfassungen<br />
und ihre völlige Ausgleichung mit der Verfassung Roms dieser Epoche<br />
zuschreiben dürfen; denn wenn als notwendiger Bestandteil der latinischen Magistratur<br />
neben den beiden Prätoren späterhin die beiden mit der Markt- und Straßenpolizei<br />
und der dazu gehörigen Rechtspflege betrauten Ädilen erscheinen, so hat<br />
diese offenbar gleichzeitig und auf Anregung der führenden Macht in allen Bundesgemeinden<br />
erfolgte Einsetzung städtischer Polizeibehörden sicher nicht vor der<br />
in das Jahr 387 (367) fallenden Einrichtung der kurulischen Ädilität in Rom, aber<br />
wahrscheinlich auch eben um diese Zeit stattgefunden. Ohne Zweifel war diese<br />
Anordnung nur das Glied einer Kette von bevormundenden und die bundesgenössischen<br />
Gemeindeordnungen im polizeilich-aristokratischen Sinne umgestaltenden<br />
Maßregeln.<br />
Offenbar fühlte Rom nach dem Fall von Veii und der Eroberung des pomptinischen<br />
Gebietes sich mächtig genug, um die Zügel der Hegemonie straffer anzuzie-<br />
13 Diese Beschränkung der alten vollen latinischen Rechtsgemeinschaft begegnet zwar zuerst in<br />
der Vertragserneuerung von 416 (338) (Liv. 8, 14); da indes das Isolierungssystem, von dem dieselbe<br />
ein wesentlicher Teil ist, zuerst für die nach 370 (384) ausgeführten latinischen Kolonien begann und<br />
416 (338) nur generalisiert ward, so war diese Neuerung hier zu erwähnen.