Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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152 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
gerade in den Besitz, doch unter die maritime Suprematie der Karthager. Tarent,<br />
das eine Zeitlang noch eine Rolle gespielt hatte, ward durch die römische Okkupation<br />
gebrochen. Die tapferen Massalioten behaupteten sich wohl in ihren eigenen<br />
Gewässern; aber in die Vorgänge auf den italischen griffen sie nicht wesentlich ein.<br />
Die übrigen Seestädte kamen kaum noch ernstlich in Betracht.<br />
Rom selber entging dem gleichen Schicksal nicht; in seinen eigenen Gewässern<br />
herrschten ebenfalls fremde Flotten. Wohl war es Seestadt von Haus aus und<br />
ist in der Zeit seiner Frische seinen alten Traditionen niemals so untreu geworden,<br />
daß es die Kriegsmarine gänzlich vernachlässigt hätte, und nie so töricht gewesen,<br />
bloß Kontinentalmacht sein zu wollen. Latium lieferte zum Schiffbau die<br />
schönsten Stämme, welche die gerühmten unteritalischen bei weitem übertrafen,<br />
und die fortdauernd in Rom unterhaltenen Docks beweisen allein schon, daß man<br />
dort nie darauf verzichtet hat, eine eigene Flotte zu besitzen. Indes während der<br />
gefährlichen Krisen, welche die Vertreibung der Könige, die inneren Erschütterungen<br />
in der römisch-latinischen Eidgenossenschaft und die unglücklichen Kriege<br />
gegen die Etrusker und die Kelten über Rom brachten, konnten die Römer sich<br />
um den Stand der Dinge auf dem Mittelmeer nur wenig bekümmern, und bei der<br />
immer entschiedener hervortretenden Richtung der römischen Politik auf Unterwerfung<br />
des italischen Kontinents verkümmerte die Seemacht. Es ist bis zum Ende<br />
des vierten Jahrhunderts (ca. 350) kaum von latinischen Kriegsschiffen die Rede,<br />
außer daß auf einem römischen das Weihgeschenk aus der veientischen Beute nach<br />
Delphi gesandt ward (360 394). Die Antiaten freilich fuhren fort, ihren Handel mit<br />
bewaffneten Schiffen und also auch gelegentlich das Piratengewerbe zu betreiben<br />
und der “tyrrhenische Korsar” Postumius, den Timoleon um 415 (339) aufbrachte,<br />
könnte allerdings ein Antiate gewesen sein; aber unter den Seemächten jener Zeit<br />
zählten sie schwerlich mit und wäre es der Fall gewesen, so würde bei der Stellung<br />
Antiums zu Rom darin für Rom nichts weniger als ein Vorteil gelegen haben.<br />
Wie weit es um das Jahr 400 (ca. 350) mit dem Verfall der römischen Seemacht<br />
gekommen war, zeigt die Ausplünderung der latinischen Küsten durch eine griechische,<br />
vermutlich sizilische Kriegsflotte im Jahre 405 (349), während zugleich<br />
keltische Haufen das latinische Land brandschatzend durchzogen. Das Jahr darauf<br />
(406 348), und ohne Zweifel unter dem unmittelbaren Eindruck dieser bedenklichen<br />
Ereignisse, schlossen die römische Gemeinde und die Phöniker von Karthago,<br />
beiderseits für sich und die abhängigen Bundesgenossen, einen Handels- und<br />
Schiffahrtsvertrag, die älteste römische Urkunde, von der der Text, freilich nur in<br />
griechischer Übersetzung, auf uns gekommen ist 5 . Die Römer mußten darin sich<br />
5 Die Nachweisung, daß die bei Polybios (3, 22) mitgeteilte Urkunde nicht dem Jahre 245 (509),<br />
sondern dem Jahre 406 (348) angehört, ist in der <strong>Römische</strong>n Chronologie bis auf Caesar. 2. Aufl.<br />
Berlin 1859, S. 320f., gegeben worden.