Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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90 KAPITEL 5. UNTERWERFUNG DER LATINER UND KAMPANER<br />
einen äußeren Zusammenhang; irgend einmal nach der Vertreibung der Tarquinier<br />
aus Rom müssen durchaus die latinischen Gemeindeordnungen nach dem Schema<br />
der Konsularverfassung revidiert worden sein. Es kann nun freilich diese Ausgleichung<br />
der latinischen Verfassungen mit derjenigen der führenden Stadt möglicherweise<br />
erst einer späteren Epoche angehören; indes spricht die innere Wahrscheinlichkeit<br />
vielmehr dafür, daß der römische Adel, nachdem er bei sich die Abschaffung<br />
des lebenslänglichen Königtums bewirkt hatte, dieselbe Verfassungsänderung<br />
auch den Gemeinden der latinischen Eidgenossenschaft angesonnen und, trotz des<br />
ernsten und den Bestand des römisch-latinischen Bundes selbst in Frage stellenden<br />
Widerstandes, welchen teils die vertriebenen Tarquinier, teils die königlichen<br />
Geschlechter und königlich gesinnten Parteien der übrigen Gemeinden Latiums<br />
geleistet zu haben scheinen, schließlich in ganz Latium die Adelsherrschaft eingeführt<br />
hat. Die eben in diese Zeit fallende gewaltige Machtentwicklung Etruriens,<br />
die stetigen Angriffe der Veienter, der Heereszug des Porsena mögen wesentlich<br />
dazu beigetragen haben, die latinische Nation bei der einmal festgestellten Form<br />
der Einigung, das heißt bei der fortwährenden Anerkennung der Oberherrlichkeit<br />
Roms festzuhalten und dem zuliebe eine ohne Zweifel auch im Schoße der latinischen<br />
Gemeinden vielfach vorbereitete Verfassungsänderung, ja vielleicht selbst<br />
eine Steigerung der hegemonischen Rechte sich gefallen zu lassen.<br />
Die dauernd geeinigte Nation vermochte es, ihre Machtstellung nach allen Seiten<br />
hin nicht bloß zu behaupten, sondern auch zu erweitern. Daß die Etrusker nur<br />
kurze Zeit im Besitze der Suprematie über Latium blieben und die Verhältnisse<br />
hier bald wieder in die Lage zurückkamen, welche sie in der Königszeit gehabt<br />
hatten, wurde schon dargestellt; zu einer eigentlichen Erweiterung der römischen<br />
men in einer Reihe von Gemeinden auch Einzelbeamte vor, welche dann den Diktatortitel führen –<br />
so in Alba (Orelli-Henzen 2293), Tusculum, Lanuvium (Cic. Mil. 10, 27;17, 45; Ascon. Mil. p. 32<br />
Orelli, Orelli 2786, 5157, 6086), Compitum (Orelli 3324), Nomentum (Orelli 208, 6138, 7032; vgl.<br />
W. Henzen in Bullettino dell’ Istituto 1858, S. 169) und Aricia (Orelli 1455). Dazu kommt der ähnliche<br />
Diktator in der civitas sine suffragio Caere (Orelli 3787, 5772; auch Garrucci, Diss. arch. Bd.<br />
1, S. 31, obwohl irrig nach Sutrium gesetzt); ferner die gleichnamigen Beamten von Fidenae (Orelli<br />
112). Alle diese Ämter oder aus Ämtern hervorgegangenen Priestertümer (der Diktator von Caere ist<br />
zu erklären nach Liv. 9, 43: Anagninis – magistratibus praeter quam sacrorum curatione interdictum)<br />
sind jährig (Orelli 208). Auch der Bericht Macers und der aus ihm schöpfenden Annalisten, daß<br />
Alba schon zur Zeit seines Falls nicht mehr unter Königen, sondern unter Jahresdiktatoren gestanden<br />
habe (Dion. Hal. 5, 74; Plut. Rom. 27; Liv. 1, 23), ist vermutlich bloß eine Folgerung aus der ihm<br />
bekannten Institution der ohne Zweifel gleich der nomentanischen jährigen sacerdotalen albanischen<br />
Diktatur, bei welcher Darstellung überdies die demokratische Parteistellung ihres Urhebers mit im<br />
Spiel gewesen sein wird. Es steht dahin, ob der Schluß gültig ist und nicht, auch wenn Alba zur Zeit<br />
seiner Auflösung unter lebenslänglichen Herrschern stand, die Abschaffung des Königtums in Rom<br />
nachträglich die Verwandlung der albanischen Diktatur in ein Jahramt herbeiführen konnte.<br />
All diese latinischen Magistraturen kommen in der Sache wie besonders auch in den Namen wesentlich<br />
mit der in Rom durch die Revolution festgestellten Ordnung in einer Weise überein, die<br />
durch die bloße Gleichartigkeit der politischen Grundverhältnisse nicht genügend erklärt wird.