Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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da sie weder dazu gelangten, an den schroffen und sumpfigen Flußufern, wo sie<br />
gezwungen wurden, das Gefecht anzunehmen, ihre Linie zu entwickeln, noch Reiterei<br />
und Elefanten ins Gefecht zu bringen. Am zweiten Tage kam dagegen Pyrrhos<br />
den Römern in der Besetzung des durchschnittenen Terrains zuvor und erreichte so<br />
ohne Verlust die Ebene, wo er seine Phalanx ungestört entfalten konnte. Vergeblich<br />
stürzten sich die Römer verzweifelten Muts mit ihren Schwertern auf die Sarissen;<br />
die Phalanx stand unerschütterlich jedem Angriff von vorn, doch vermochte<br />
auch sie es nicht, die römischen Legionen zum Weichen zu bringen. Erst als die<br />
zahlreiche Bedeckung der Elefanten die auf den römischen Streitwagen fechtende<br />
Mannschaft durch Pfeile und Schleudersteine vertrieben und der Bespannung<br />
die Stränge zerschnitten hatte und nun die Elefanten gegen die römische Linie anprallten,<br />
kam dieselbe ins Schwanken. Das Weichen der Bedeckungsmannschaft<br />
der römischen Wagen gab das Signal zur allgemeinen Flucht, die indes nicht sehr<br />
zahlreiche Opfer kostete, da das nahe Lager die Verfolgten aufnahm. Daß während<br />
des Haupttreffens ein von der römischen Hauptmacht abgesondertes arpanisches<br />
Korps das schwach besetzte epeirotische Lager angegriffen und in Brand gesteckt<br />
habe, meldet nur der römische Schlachtbericht; wenn es aber auch richtig ist, so<br />
haben doch die Römer auf alle Fälle mit Unrecht behauptet, daß die Schlacht unentschieden<br />
geblieben sei. Beide Berichte stimmen vielmehr darin überein, daß das<br />
römische Heer über den Fluß zurückging und Pyrrhos im Besitz des Schlachtfeldes<br />
blieb. Die Zahl der Gefallenen war nach dem griechischen Berichte auf römischer<br />
Seite 6000, auf griechischer 3505 3 ; unter den Verwundeten war der König selbst,<br />
dem ein Wurfspieß den Arm durchbohrt hatte, während er wie immer im dichtesten<br />
Getümmel kämpfte. Wohl war es ein Sieg, den Pyrrhos erfochten hatte, aber es waren<br />
unfruchtbare Lorbeeren; als Feldherrn wie als Soldaten machte der Sieg dem<br />
König Ehre, aber seine politischen Zwecke hat er nicht gefördert. Pyrrhos bedurfte<br />
eines glänzenden Erfolges, der das römische Heer auflöste und den schwankenden<br />
Bundesgenossen die Gelegenheit und den Anstoß zum Parteiwechsel gab; da aber<br />
die römische Armee und die römische Eidgenossenschaft ungebrochen geblieben<br />
und das griechische Heer, das nichts war ohne seinen Feldherrn, durch dessen Verwundung<br />
auf längere Zeit angefesselt ward, mußte er wohl den Feldzug verloren<br />
geben und in die Winterquartiere gehen, die der König in Tarent, die Römer diesmal<br />
in Apulien nahmen. Immer deutlicher offenbarte es sich, daß militärisch die<br />
Hilfsquellen des Königs den römischen ebenso nachstanden, wie politisch die lose<br />
und widerspenstige Koalition den Vergleich nicht aushielt mit der festgegründe-<br />
3 Diese Zahlen scheinen glaubwürdig. Der römische Bericht gibt, wohl an Toten und Verwundeten,<br />
für jede Seite 15000 Mann an, ein späterer sogar auf römischer 5000, auf griechischer 20000<br />
Tote. Es mag das hier Platz finden um an einem der seltenen Beispiele, wo Kontrolle möglich ist,<br />
die fast ausnahmslose Unglaubwürdigkeit der Zahlenangaben zu zeigen, in denen die Lüge bei den<br />
Annalisten lawinenartig anschwillt.