Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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che späterhin in den Gründungssagen von Tusculum, Praeneste, Antium, Ardea,<br />
Cortona begegnen, werden wohl schon in dieser Zeit sich angesponnen haben; und<br />
auch der Glaube an die Abstammung der Römer von Troern oder Troerinnen mußte<br />
schon am Schluß dieser Epoche in Rom feststehen, da die erste nachweisliche<br />
Berührung zwischen Rom und dem griechischen Osten die Verwendung des Senats<br />
für die “stammverwandten” Ilier im Jahre 472 (282) ist. Daß aber dennoch die<br />
Aeneasfabel in Italien verhältnismäßig jung ist, beweist ihre im Vergleich mit der<br />
odysseischen höchst dürftige Lokalisierung; und die Schlußredaktion dieser Erzählungen<br />
sowie ihre Ausgleichung mit der römischen Ursprungssage gehört auf jeden<br />
Fall erst der Folgezeit an.<br />
Während also bei den Hellenen die Geschichtschreibung, oder was so genannt<br />
ward, sich um die Vorgeschichte Italiens in ihrer Art bemühte, ließ sie in einer für<br />
den gesunkenen Zustand der hellenischen Historie ebenso bezeichnenden wie für<br />
uns empfindlichen Weise die gleichzeitige italische <strong>Geschichte</strong> so gut wie vollständig<br />
liegen. Kaum daß Theopomp von Chios (schloß 418 336) der Einnahme Roms<br />
durch die Kelten beiläufig gedachte und Aristoteles, Kleitarchos, Theophrastos,<br />
Herakleides von Pontos ( E˛ um 450 300) einzelne Rom betreffende Ereignisse gelegentlich<br />
erwähnten; erst mit Hieronymos von Kardia, der als Geschichtschreiber<br />
des Pyrrhos auch dessen italische Kriege erzählte, wird die griechische Historiographie<br />
zugleich Quelle für die römische <strong>Geschichte</strong>.<br />
Unter den Wissenschaften empfing die Jurisprudenz eine unschätzbare Grundlage<br />
durch die Aufzeichnung des Stadtrechts in den Jahren 303, 304 (451, 450).<br />
Dieses unter dem Namen der Zwölf Tafeln bekannte Weistum ist wohl das älteste<br />
römische Schriftstück, das den Namen eines Buches verdient. Nicht viel jünger<br />
mag der Kern der sogenannten “königlichen Gesetze” sein, das heißt gewisser, vorzugsweise<br />
sakraler Vorschriften, die auf Herkommen beruhten und wahrscheinlich<br />
von dem Kollegium der Pontifices, das zur Gesetzgebung nicht, wohl aber zur Gesetzweisung<br />
befugt war, unter der Form königlicher Verordnungen zu allgemeiner<br />
Kunde gebracht wurden. Außerdem sind vermutlich schon seit dem Anfang dieser<br />
Periode wenn nicht die Volks-, so doch die wichtigsten Senatsbeschlüsse regelmäßig<br />
schriftlich verzeichnet worden; wie denn über deren Aufbewahrung bereits in<br />
den frühesten ständischen Kämpfen mitgestritten ward.<br />
Während also die Masse der geschriebenen Rechtsurkunden sich mehrte, stellten<br />
auch die Grundlagen einer eigentlichen Rechtswissenschaft sich fest. Sowohl<br />
den jährlich wechselnden Beamten als den aus dem Volke herausgegriffenen Geschworenen<br />
war es Bedürfnis, an sachkundige Männer sich wenden zu können,<br />
welche den Rechtsgang kannten und nach Präzedentien oder in deren Ermangelung<br />
nach Gründen eine Entscheidung an die Hand zu geben wußten. Die Pontifices,<br />
die es gewohnt waren, sowohl wegen der Gerichtstage als wegen aller auf<br />
die Götterverehrung bezüglichen Bedenken und Rechtsakte vom Volke angegan-