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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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193<br />

re einlegte, welche in der späteren (Varronischen) Tafel mit den Ziffern 379-383,<br />

421, 430, 445, 453 bezeichnet sind. Vom Jahre 291 (463) ist die römische Liste<br />

nachweislich, zwar nicht im einzelnen, wohl aber im ganzen, mit dem römischen<br />

Kalender in Übereinstimmung, also insoweit chronologisch sicher, als die Mangelhaftigkeit<br />

des Kalenders selbst dies verstattet; die jenseits jenes Jahres liegenden 47<br />

Jahrstellen entziehen sich der Kontrolle, werden aber wenigstens in der Hauptsache<br />

gleichfalls richtig sein 3 ; was jenseits des Jahres 245 (509) liegt, ist chronologisch<br />

verschollen.<br />

Eine gemeingebräuchliche Ära hat sich nicht gebildet; doch ist in sakralen Verhältnissen<br />

gezählt worden nach dem Einweihungsjahr des kapitolinischen Jupitertempels,<br />

von wo ab ja auch die Beamtenliste lief.<br />

Nahe lag es, neben den Namen der Beamten die wichtigsten unter ihrer Amtsführung<br />

vorgefallenen Ereignisse anzumerken; und aus solchen, dem Beamtenkatalog<br />

beigefügten Nachrichten ist die römische Chronik, ganz wie aus den der Ostertafel<br />

beigeschriebenen Notizen die mittelalterliche, hervorgegangen. Aber erst spät<br />

kam es zu der Anlegung einer förmlichen, die Namen sämtlicher Beamten und<br />

die merkwürdigen Ereignisse Jahr für Jahr stetig verzeichnenden Chronik (liber<br />

annalis) durch die Pontifices. Vor der unter dem 5. Juni 351 (403) angemerkten<br />

Sonnenfinsternis, womit wahrscheinlich die vom 20. Juni 354 (400) gemeint ist,<br />

fand sich in der späteren Stadtchronik keine Sonnenfinsternis nach Beobachtung<br />

verzeichnet; die Zensuszahlen derselben fangen erst seit dem Anfang des fünften<br />

Jahrhunderts der Stadt an, glaublich zu lauten; die vor dem Volk geführten Bußsachen<br />

und die von Gemeinde wegen gesühnten Wunderzeichen scheint man erst seit<br />

der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts regelmäßig in die Chronik eingetragen<br />

zu haben. Allem Anschein nach hat die Einrichtung eines geordneten Jahrbuchs<br />

und, was sicher damit zusammenhängt, die eben erörterte Redaktion der älteren<br />

Beamtenliste zum Zweck der Jahrzählung mittels Einlegung der chronologisch nötigen<br />

Fülljahre in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts stattgefunden. Aber<br />

auch nachdem sich die Übung festgestellt hatte, daß es dem Oberpontifex obliege,<br />

Kriegsläufte und Kolonisierungen, Pestilenz und teuere Zeit, Finsternisse und<br />

Wunder, Todesfälle der Priester und anderer angesehener Männer, die neuen Gemeindebeschlüsse,<br />

die Ergebnisse der Schatzung Jahr für Jahr aufzuschreiben und<br />

diese Anzeichnungen in seiner Amtwohnung zu bleibendem Gedächtnis und zu<br />

jedermanns Einsicht aufzustellen, war man damit von einer wirklichen Geschichtschreibung<br />

noch weit entfernt. Wie dürftig die gleichzeitige Aufzeichnung noch<br />

am Schlusse dieser Periode war und wie weiten Spielraum sie der Willkür späterer<br />

Annalisten gestattete, zeigt mit schneidender Deutlichkeit die Vergleichung<br />

3 Nur die ersten Stellen in der Liste geben Anlaß zum Verdacht und mögen später hinzugefügt<br />

sein, um die Zahl der Jahre von der Königsflucht bis zum Stadtbrande auf 120 abzurunden.

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