Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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64 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />
des Quintus Fabius Rullianus, der in achtundzwanzig Jahren fünfmal Konsul war,<br />
und des Marcus Valerius Corvus (384-483 370-271), welcher, nachdem er sechs<br />
Konsulate, das erste im dreiundzwanzigsten, das letzte im zweiundsiebzigsten Jahre,<br />
verwaltet und drei Menschenalter hindurch der Hort der Landsleute und der<br />
Schrecken der Feinde gewesen war, hundertjährig zur Grube fuhr.<br />
Während also der römische Beamte immer vollständiger und immer bestimmter<br />
aus dem unbeschränkten Herrn in den gebundenen Auftragnehmer und Geschäftsführer<br />
der Gemeinde sich umwandelte, unterlag die alte Gegenmagistratur,<br />
das Volkstribunat, gleichzeitig einer gleichartigen mehr innerlichen als äußerlichen<br />
Umgestaltung. Dasselbe diente im Gemeinwesen zu einem doppelten Zweck. Es<br />
war von Haus aus bestimmt gewesen, den Geringen und Schwachen. durch eine gewissermaßen<br />
revolutionäre Hilfsleistung (auxilium) gegen den gewalttätigen Übermut<br />
der Beamten zu schützen; es war späterhin gebraucht worden, um die rechtliche<br />
Zurücksetzung der Bürgerlichen und die Privilegien des Geschlechtsadels zu<br />
beseitigen. Letzteres war erreicht. Der ursprüngliche Zweck war nicht bloß an sich<br />
mehr ein demokratisches Ideal als eine politische Möglichkeit, sondern auch der<br />
plebejischen Aristokratie, in deren Händen das Tribunat sich befinden mußte und<br />
befand, vollkommen ebenso verhaßt und mit der neuen, aus der Ausgleichung der<br />
Stände hervorgegangenen, womöglich noch entschiedener als die bisherige aristokratisch<br />
gefärbten, Gemeindeordnung vollkommen ebenso unverträglich, wie es<br />
dem Geschlechtsadel verhaßt und mit der patrizischen Konsularverfassung unverträglich<br />
gewesen war. Aber anstatt das Tribunat abzuschaffen, zog man vor, es<br />
aus einem Rüstzeug der Opposition in ein Regierungsorgan umzuschaffen und zog<br />
die Volkstribune, die von Haus aus von aller Teilnahme an der Verwaltung ausgeschlossen<br />
und weder Beamte noch Mitglieder des Senats waren, jetzt hinein in den<br />
Kreis der regierenden Behörden. Wenn sie in der Gerichtsbarkeit von Anfang an<br />
den Konsuln gleichstanden und schon in den ersten Stadien der ständischen Kämpfe<br />
gleich diesen die legislatorische Initiative erwarben, so empfingen sie jetzt auch,<br />
wir wissen nicht genau wann, aber vermutlich bei oder bald nach der schließlichen<br />
Ausgleichung der Stände, gleiche Stellung mit den Konsuln gegenüber der tatsächlich<br />
regierenden Behörde, dem Senate. Bisher hatten sie, auf einer Bank an der Tür<br />
sitzend, der Senatsverhandlung beigewohnt, jetzt erhielten sie gleich und neben<br />
den übrigen Beamten ihren Platz im Senate selbst und das Recht, bei der Verhandlung<br />
das Wort zu ergreifen; wenn ihnen das Stimmrecht versagt blieb, so war dies<br />
nur eine Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des römischen Staatsrechts, daß<br />
dagegen an der Unzulässigkeit der Ämterkumulierung. Es findet sich kein sicheres Beispiel der Verbindung<br />
zweier der drei ordentlichen kurulischen (Liv. 39, 39, 4) Ämter (Konsulat, Prätur, kurulische<br />
Ädilität), wohl aber von anderen Kumulierungen, zum Beispiel der kurulischen Ädilität und des Reiterführeramts<br />
(Liv. 23 24, 30); der Prätur und der Zensur (Fast. Capitol. a 501); der Prätur und der<br />
Diktatur (Liv. 8, 12); des Konsulats und der Diktatur (Liv. 8, 12).