Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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hang, wo über das Sein oder Nichtsein hochbegabter und altberühmter Nationen<br />
die ernsten Lose fallen, nicht unstatthaft sein, daran zu erinnern, daß Platon, der<br />
etwa sechzig Jahre vor dieser Zeit (389) nach Tarent kam, seinem eigenen Zeugnis<br />
zufolge am Dionysienfest die ganze Stadt berauscht sah, und daß das parodische<br />
Possenspiel, die sogenannte “lustige Tragödie” eben um die Zeit des großen samnitischen<br />
Krieges in Tarent geschaffen ward. Zu dieser Lotterwirtschaft und Lotterpoesie<br />
der Tarentiner Eleganten und Literaten liefert die Ergänzung die unstete,<br />
übermütige und kurzsichtige Politik der Tarentiner Demagogen, welche regelmäßig<br />
da sich beteiligten, wo sie nichts zu schaffen hatten, und da ausblieben, wo ihr<br />
nächstes Interesse sie hinrief. Sie hatten, als nach der caudinischen Katastrophe Römer<br />
und Samniten sich in Apulien gegenüberstanden, Gesandte dorthin geschickt,<br />
die beiden Parteien geboten, die Waffen niederzulegen (434 320). Diese diplomatische<br />
Intervention in dem italischen Entscheidungskampf konnte verständigerweise<br />
nichts sein als die Ankündigung, daß Tarent aus seiner bisherigen Passivität jetzt<br />
endlich herauszutreten entschlossen sei. Grund genug hatte es wahrlich dazu, wie<br />
schwierig und gefährlich es auch für Tarent selbst war, in diesen Krieg verwickelt<br />
zu werden: denn die demokratische Machtentwicklung des Staates hatte sich lediglich<br />
auf die Flotte geworfen, und während diese, gestützt auf die starke Handelsmarine<br />
Tarents, unter den großgriechischen Seemächten den ersten Rang einnahm,<br />
bestand die Landmacht, auf die es jetzt ankam, wesentlich aus gemieteten Söldnern<br />
und war in tiefem Verfall. Unter diesen Umständen war es für die tarentinische Republik<br />
keine leichte Aufgabe, an dem Kampf zwischen Rom und Samnium sich zu<br />
beteiligen, auch abgesehen von der wenigstens beschwerlichen Fehde, in welche<br />
die römische Politik die Tarentiner mit den Lucanern zu verwickeln gewußt hatte.<br />
Indes bei kräftigem Willen waren diese Schwierigkeiten wohl zu überwinden; und<br />
beide streitende Teile faßten die Aufforderung der tarentinischen Gesandten, mit<br />
dem Kampf einzuhalten, in diesem Sinne auf. Die Samniten als die Schwächeren<br />
zeigten sich bereit, derselben nachzukommen; die Römer antworteten durch die<br />
Aufsteckung des Zeichens zur Schlacht. Vernunft und Ehre geboten den Tarentinern,<br />
dem herrischen Gebot ihrer Gesandten jetzt die Kriegserklärung gegen Rom<br />
auf dem Fuße folgen zu lassen; allein in Tarent war eben weder diese noch jene<br />
am Regimente und man hatte dort bloß mit sehr ernsthaften Dingen sehr kindisch<br />
gespielt. Die Kriegserklärung gegen Rom erfolgte nicht; statt dessen unterstützte<br />
man lieber gegen Agathokles von Syrakus, der früher in tarentinischen Diensten<br />
gestanden hatte und in Ungnade entlassen worden war, die oligarchische Städtepartei<br />
in Sizilien und sandte, dem Beispiel Spartas folgend, eine Flotte nach der<br />
Insel, die in der kampanischen See bessere Dienste getan haben würde (440 314).<br />
Energischer handelten die nord- und mittelitalischen Völker, die namentlich<br />
durch die Anlegung der Festung Luceria aufgerüttelt worden zu sein scheinen. Zuerst<br />
(443 311) schlugen die Etrusker los, deren Waffenstillstandsvertrag von 403