Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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che Einheit geschlossene und staatsrechtliche Festigkeit und ging der Name Italia,<br />
der ursprünglich und noch bei den griechischen Schriftstellern des fünften Jahrhunderts,<br />
zum Beispiel bei Aristoteles, nur dem heutigen Kalabrien eignet, über<br />
auf das gesamte Land der Togaträger. Die ältesten Grenzen dieser großen von Rom<br />
geführten Wehrgenossenschaft oder des neuen Italien reichen am westlichen Litoral<br />
bis in die Gegend von Livorno unterhalb des Arnus 15 , am östlichen bis an<br />
den Aesis oberhalb Ancona; die außerhalb dieser Grenzen liegenden, von Italikern<br />
kolonisierten Ortschaften, wie Sena gallica und Ariminum jenseits des Apennin,<br />
Messana in Sizilien, galten, selbst wenn sie, wie Ariminum, Glieder der Eidgenossenschaft<br />
oder sogar, wie Sena, römische Bürgergemeinden waren, doch als geographisch<br />
außerhalb Italien gelegen. Noch weniger konnten die keltischen Gaue<br />
des Apennin, wenngleich vielleicht schon jetzt einzelne derselben in der Klientel<br />
von Rom sich befanden, den Togamännern beigezählt werden. Das neue Italien<br />
war also eine politische Einheit geworden; es war aber auch im Zuge, eine nationale<br />
zu werden. Bereits hatte die herrschende latinische Nationalität die Sabiner<br />
und Volsker sich assimiliert und einzelne latinische Gemeinden über ganz Italien<br />
verstreut; es war nur die Entwicklung dieser Keime, daß später einem jeden zur<br />
Tragung des latinischen Rockes Befugten auch die latinische Sprache Muttersprache<br />
war. Daß aber die Römer schon jetzt dieses Ziel deutlich erkannten, zeigt die<br />
übliche Erstreckung des latinischen Namens auf die ganze zuzugpflichtige italische<br />
Bundesgenossenschaft 16 . Was immer von diesem großartigen politischen Bau sich<br />
noch erkennen läßt, daraus spricht der hohe politische Verstand seiner namenlosen<br />
Baumeister; und die ungemeine Festigkeit, welche diese aus so vielen und so<br />
verschiedenartigen Bestandteilen zusammengefügte Konföderation späterhin unter<br />
den schwersten Stößen bewährt hat, drückte ihrem großen Werke das Siegel des<br />
Erfolges auf. Seitdem die Fäden dieses so fein wie fest um ganz Italien geschlungenen<br />
Netzes in den Händen der römischen Gemeinde zusammenliefen, war diese<br />
eine Großmacht und trat anstatt Tarents, Lucaniens und anderer durch die letzten<br />
15 Diese älteste Grenze bezeichnen wahrscheinlich die beiden kleinen Ortschaften ad fines, wovon<br />
die eine nördlich von Arezzo auf der Straße nach Florenz, die zweite an der Küste unweit Livorno<br />
lag. Etwas weiter südlich von dem letzteren heißt Bach und Tal von Vada noch jetzt fiume della fine,<br />
valle della fine (Targioni Tozzetti, Viaggi. Bd. 4, S. 430).<br />
16 Im genauen geschäftlichen Sprachgebrauch geschieht dies freilich nicht. Die vollständigste Bezeichnung<br />
der Italiker findet sich in dem Ackergesetz von 643 (111), Zeile 21: [ceivis] Romanus<br />
sociumve nominisve Latini quibus ex formula togatorum [milites in terra Italia imperare solent];<br />
ebenso wird daselbst Zeile 29 vom Latinus der peregrinus unterschieden und heißt es im Senatsbeschluß<br />
über die Bacchanalien von 568 (186): ne quis ceivis Romanus neve nominis Latini neve<br />
socium quisquam. Aber im gewöhnlichen Gebrauch wird von diesen drei Gliedern sehr häufig das<br />
zweite oder das dritte weggelassen und neben den Römern bald nur derer Latini nominis, bald nur<br />
der socii gedacht (W. Weißenborn zu Liv. 22, 50, 6), ohne daß ein Unterschied in der Bedeutung<br />
wäre. Die Bezeichnung homines nominis Latini ac socii Italici (Sall. Iug. 40), so korrekt sie an sich<br />
ist, ist dem offiziellen Sprachgebrauch fremd, der wohl ein Italia, aber nicht Italici kennt.