Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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Königs getragen hatte, glaubte das Heer zum zweitenmal, daß der König gefallen<br />
sei; die Reihen wurden unsicher, schon meinte Laevinus den Sieg in der Hand zu<br />
haben und warf seine sämtliche Reiterei den Griechen in die Flanke. Aber Pyrrhos,<br />
entblößten Hauptes durch die Reihen des Fußvolks schreitend, belebte den sinkenden<br />
Mut der Seinigen. Gegen die Reiter wurden die bis dahin zurückgehaltenen<br />
Elefanten vorgeführt; die Pferde scheuten vor ihnen, die Soldaten wußten den gewaltigen<br />
Tieren nicht beizukommen und wandten sich zur Flucht. Die zersprengten<br />
Reiterhaufen, die nachsetzenden Elefanten lösten endlich auch die geschlossenen<br />
Glieder des römischen Fußvolks, und die Elefanten, im Verein mit der trefflichen<br />
thessalischen Reiterei, richteten ein großes Blutbad unter den Flüchtenden an. Hätte<br />
nicht ein tapferer römischer Soldat, Gaius Minucius, der erste Hastat der vierten<br />
Legion, einen der Elefanten verwundet und dadurch die verfolgenden Truppen in<br />
Verwirrung gebracht, so wäre das römische Heer aufgerieben worden; so gelang<br />
es, den Rest der römischen Truppen über den Siris zurückzuführen. Ihr Verlust war<br />
groß: 7000 Römer wurden tot oder verwundet von den Siegern auf der Walstatt gefunden,<br />
2000 gefangen eingebracht; die Römer selbst gaben, wohl mit Einschluß<br />
der vom Schlachtfeld zurückgebrachten Verwundeten, ihren Verlust an auf 15000<br />
Mann. Aber auch Pyrrhos’ Heer hatte nicht viel weniger gelitten; gegen 4000 seiner<br />
besten Soldaten bedeckten das Schlachtfeld und mehrere seiner tüchtigsten Obersten<br />
waren gefallen. Erwägend, daß sein Verlust hauptsächlich auf die altgedienten<br />
Leute traf, die bei weitem schwerer zu ersetzen waren als die römische Landwehr,<br />
und daß er den Sieg nur der Überraschung durch den Elefantenangriff verdankte,<br />
die sich nicht oft wiederholen ließ, mag der König wohl, strategischer Kritiker<br />
wie er war, späterhin diesen Sieg einer Niederlage ähnlich genannt haben; wenn<br />
er auch nicht so töricht war, wie die römischen Poeten nachher gedichtet haben, in<br />
der Aufschrift des von ihm in Tarent aufgestellten Weihgeschenkes diese Selbstkritik<br />
dem Publikum mitzuteilen. Politisch kam zunächst wenig darauf an, welche<br />
Opfer der Sieg gekostet hatte; vielmehr war der Gewinn der ersten Schlacht gegen<br />
die Römer für Pyrrhos ein unschätzbarer Erfolg. Sein Feldherrntalent hatte<br />
auch auf diesem neuen Schlachtfeld sich glänzend bewährt, und wenn irgend etwas,<br />
mußte der Sieg von Herakleia dem hinsiechenden Bunde der Italiker Einigkeit<br />
und Energie einhauchen. Aber auch die unmittelbaren Ergebnisse des Sieges waren<br />
ansehnlich und nachhaltig. Lucanien war für die Römer verloren; Laevinus zog<br />
die dort stehenden Truppen an sich und ging nach Apulien. Die Brettier, Lucaner,<br />
Samniten vereinigten sich ungehindert mit Pyrrhos. Mit Ausnahme von Rhegion,<br />
das unter dem Druck der kampanischen Meuterer schmachtete, fielen die Griechenstädte<br />
sämtlich dem König zu, ja Lokri lieferte ihm freiwillig die römische<br />
Besatzung aus; von ihm waren sie überzeugt, und mit Recht, daß er sie den Italikern<br />
nicht preisgeben werde. Die Sabeller und Griechen also traten zu Pyrrhos<br />
über; aber weiter wirkte der Sieg auch nicht. Unter den Latinern zeigte sich keine