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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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185<br />

Auch Italien blieb davon nicht unberührt. Die merkwürdigste Erscheinung in dieser<br />

Art bietet Apulien, das seit dem fünften Jahrhundert Roms allmählich seine barbarische<br />

Mundart ablegte und sich im stillen hellenisierte. Es erfolgte dies ähnlich<br />

wie in Makedonien und Epeiros nicht durch Kolonisierung, sondern durch Zivilisierung,<br />

die mit dem tarentinischen Landhandel Hand in Hand gegangen zu sein<br />

scheint – wenigstens spricht es für die letztere Annahme, daß die den Tarentinern<br />

befreundeten Landschaften der Poediculer und Daunier die Hellenisierung vollständiger<br />

durchführten als die Tarent näher wohnenden, aber beständig mit ihm<br />

hadernden Sallentiner, und daß die am frühesten gräzisierten Städte, zum Beispiel<br />

Arpi, nicht an der Küste gelegen waren. Daß auf Apulien das griechische Wesen<br />

stärkeren Einfluß übte als auf irgendeine andere italische Landschaft, erklärt sich<br />

teils aus seiner Lage, teils aus der geringen Entwicklung einer eigenen nationalen<br />

Bildung, teils wohl auch aus seiner dem griechischen Stamm minder fremd als die<br />

übrigen italischen gegenüberstehenden Nationalität. Indes ist schon früher darauf<br />

aufmerksam gemacht worden, daß auch die südlichen sabellischen Stämme, obwohl<br />

zunächst sie im Verein mit syrakusanischen Tyrannen das hellenische Wesen<br />

in Großgriechenland knickten und verdarben, doch zugleich durch die Berührung<br />

und Mischung mit den Griechen teils griechische Sprache neben der einheimischen<br />

annahmen, wie die Brettier und Nolaner, teils wenigstens griechische Schrift und<br />

griechische Sitte, wie die Lucaner und ein Teil der Kampaner. Etrurien zeigt gleichfalls<br />

die Ansätze einer verwandten Entwicklung in den bemerkenswerten dieser<br />

Epoche angehörenden Vasenfunden, in denen es mit Kampanien und Lucanien rivalisiert;<br />

und wenn Latium und Samnium dem Hellenismus fernergeblieben sind,<br />

so fehlt es doch auch hier nicht an Spuren des beginnenden und immer steigenden<br />

Einflusses griechischer Bildung. In allen Zweigen der römischen Entwicklung<br />

dieser Epoche, in Gesetzgebung und Münzwesen, in der Religion, in der Bildung<br />

der Stammsage stoßen wir auf griechische Spuren, und namentlich seit dem Anfang<br />

des fünften Jahrhunderts, das heißt seit der Eroberung Kampaniens, erscheint<br />

der griechische Einfluß auf das römische Wesen in raschem und stets zunehmendem<br />

Wachstum. In das vierte Jahrhundert fällt die Einrichtung der auch sprachlich<br />

merkwürdigen “graecostasis”, einer Tribüne auf dem römischen Markt für die vornehmen<br />

griechischen Fremden, zunächst die Massalioten. Im folgenden fangen die<br />

Jahrbücher an, vornehme Römer mit griechischen Beinamen, wie Philippos oder<br />

römisch Pilipus, Philon, Sophos, Hypsaeos aufzuweisen. Griechische Sitten dringen<br />

ein; so der nichtitalische Gebrauch, Inschriften zur Ehre des Toten auf dem<br />

Grabmal anzubringen, wovon die Grabschrift des Lucius Scipio, Konsul 456 (298),<br />

das älteste uns bekannte Beispiel ist; so die gleichfalls den Italikern fremde Weise,<br />

ohne Gemeindebeschluß an öffentlichen Orten den Vorfahren Ehrendenkmäler zu<br />

errichten, womit der große Neuerer Appius Claudius den Anfang machte, als er in<br />

dem neuen Tempel der Bellona Erzschilde mit den Bildern und den Elogien seiner

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