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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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Daneben macht in der römischen Rechtsentwicklung zwar langsam, aber dennoch<br />

deutlich genug eine humanisierende und modernisierende Tendenz sich geltend.<br />

Die meisten Bestimmungen der Zwölf Tafeln, welche mit dem Solonischen<br />

Gesetz übereinkommen und deshalb mit Grund für materielle Neuerungen gehalten<br />

werden dürfen, tragen diesen Stempel; so die Sicherung des freien Assoziationsrechts<br />

und der Autonomie der also entstandenen Vereine; die Vorschrift über<br />

die Grenzstreifen, die dem Abpflügen wehrte; die Milderung der Strafe des Diebstahls,<br />

indem der nicht auf frischer Tat ertappte Dieb sich fortan durch Leistung<br />

des doppelten Ersatzes von dem Bestohlenen lösen konnte. Das Schuldrecht ward<br />

in ähnlichem Sinn, jedoch erst über ein Jahrhundert nachher, durch das Poetelische<br />

Gesetz gemildert. Die freie Bestimmung über das Vermögen, die dem Herrn desselben<br />

bei Lebzeiten schon nach ältestem römischen Recht zugestanden hatte, aber<br />

für den Todesfall bisher geknüpft gewesen war an die Einwilligung der Gemeinde,<br />

wurde auch von dieser Schranke befreit, indem das Zwölftafelgesetz oder dessen<br />

Interpretation dem Privattestament dieselbe Kraft beilegte, welche dem von den<br />

Kurien bestätigten zukam; es war dies ein wichtiger Schritt zur Sprengung der Geschlechtsgenossenschaften<br />

und zur völligen Durchführung der Individualfreiheit<br />

im Vermögensrecht. Die furchtbar absolute väterliche Gewalt wurde beschränkt<br />

durch die Vorschrift, daß der dreimal vom Vater verkaufte Sohn nicht mehr in dessen<br />

Gewalt zurückfallen, sondern fortan frei sein solle; woran bald durch eine –<br />

streng genommen freilich widersinnige – Rechtsdeduktion die Möglichkeit angeknüpft<br />

ward, daß sich der Vater freiwillig der Herrschaft über den Sohn begebe<br />

durch Emanzipation. Im Eherecht wurde die Zivilehe gestattet; und wenn auch mit<br />

der rechten bürgerlichen ebenso notwendig wie mit der rechten religiösen die volle<br />

eheherrliche Gewalt verknüpft war, so lag doch in der Zulassung der ohne solche<br />

Gewalt geschlossenen Verbindung an Ehestatt der erste Anfang zur Lockerung der<br />

Vollgewalt des Eheherrn. Der Anfang einer gesetzlichen Nötigung zum ehelichen<br />

Leben ist die Hagestolzensteuer (aes uxorium), mit deren Einführung Camillus als<br />

Zensor im Jahre 351 (403) seine öffentliche Laufbahn begann.<br />

Durchgreifendere Änderungen als das Recht selbst erlitt die politisch wichtigere<br />

und überhaupt veränderlichere Rechtspflegeordnung. Vor allen Dingen gehört<br />

dahin die wichtige Beschränkung der oberrichterlichen Gewalt durch die gesetzliche<br />

Aufzeichnung des Landrechts und die Verpflichtung des Beamten, fortan<br />

nicht mehr nach dem schwankenden Herkommen, sondern nach dem geschriebenen<br />

Buchstaben im Zivil- wie im Kriminalverfahren zu entscheiden (303, 304 451,<br />

450). Die Einsetzung eines ausschließlich für die Rechtspflege tätigen römischen<br />

Oberbeamten im Jahre 387 (367) und die gleichzeitig in Rom erfolgte und unter<br />

Roms Einfluß in allen latinischen Gemeinden nachgeahmte Gründung einer besonderen<br />

Polizeibehörde erhöhten die Schnelligkeit und Sicherheit der Justiz. Diesen<br />

Polizeiherren oder den Ädilen kam natürlich zugleich eine gewisse Jurisdiktion zu,

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