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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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e Strafe gedroht. Daß demnach dem Tribun nicht gewehrt werden konnte, auch andere<br />

Anträge als die Wahl seines Nachfolgers und die Bestätigung seiner Urteilssprüche<br />

zur Abstimmung zu bringen, leuchtet ein. Gültige Volksschlüsse waren<br />

derartige “Beliebungen der Menge” (plebi scita) zwar eigentlich nicht, sondern anfänglich<br />

nicht viel mehr als die Beschlüsse unserer heutigen Volksversammlungen;<br />

allein da der Unterschied zwischen den Komitien des Volkes und den Konzilien der<br />

Menge denn doch mehr formaler Natur war, ward wenigstens von plebejischer Seite<br />

die Gültigkeit derselben als autonomischer Festsetzungen der Gemeinde sofort<br />

in Anspruch genommen und zum Beispiel gleich das Icilische Gesetz auf diesem<br />

Wege durchgesetzt.<br />

So war der Tribun des Volks bestellt, dem einzelnen zu Schirm und Schutz, allen<br />

zur Leitung und Führung, versehen mit unbeschränkter richterlicher Gewalt im<br />

peinlichen Verfahren, um also seinem Befehl Nachdruck geben zu können, endlich<br />

selbst persönlich für unverletzlich (sacrosanctus) erklärt, indem wer sich an ihm<br />

oder seinem Diener vergriff, nicht bloß den Göttern verfallen galt, sondern auch<br />

bei den Menschen als nach rechtlich erwiesenem Frevel des Todes schuldig.<br />

Die Tribune der Menge (tribuni plebis) sind hervorgegangen aus den Kriegstribunen<br />

und führen von diesen ihren Namen; rechtlich aber haben sie weiter zu<br />

ihnen keinerlei Beziehung. Vielmehr stehen der Gewalt nach die Volkstribune und<br />

die Konsuln sich gleich. Die Appellation vom Konsul an den Tribun und das Interzessionsrecht<br />

des Tribuns gegen den Konsul ist, wie schon gesagt ward, durchaus<br />

gleichartig der Appellation vom Konsul an den Konsul und der Interzession des<br />

einen Konsuls gegen den andern, und beide sind nichts als eine Anwendung des<br />

allgemeinen Rechtssatzes, daß zwischen zwei Gleichberechtigten der Verbietende<br />

dem Gebietenden vorgeht. Auch die ursprüngliche, allerdings bald vermehrte Zahl<br />

und die Jahresdauer des Amtes, welches für die Tribune jedesmal am 10. Dezember<br />

wechselte, sind den Tribunen mit den Konsuln gemein, ebenso die eigentümliche<br />

Kollegialität, die in jedes einzelnen Konsuls und in jedes einzelnen Tribunen Hand<br />

die volle Machtfülle des Amtes legt und bei Kollisionen innerhalb des Kollegiums<br />

nicht die Stimmen zählt, sondern das Nein dem Ja vorgehen läßt – weshalb,<br />

wo der Tribun verbietet, das Verbot des einzelnen trotz des Widerspruchs der Kollegen<br />

genügt, wo er dagegen anklagt, er durch jeden seiner Kollegen gehemmt<br />

werden kann. Konsuln und Tribune haben beide volle und konkurrierende Kriminaljurisdiktion,<br />

wenn auch jene dieselbe mittelbar, diese unmittelbar ausüben; wie<br />

jenen die beiden Quästoren, stehen diesen die beiden Ädilen hierin zur Seite 1 . Die<br />

1 Daß die plebejischen Ädilen in derselben Weise den patrizischen Quästoren nachgebildet sind<br />

wie die plebejischen Tribune den patrizischen Konsuln, ist deutlich sowohl für die Kriminalrechtspflege,<br />

wo nur die Tendenz der beiden Magistraturen, nicht die Kompetenz verschieden gewesen zu<br />

sein scheint, wie für das Archivgeschäft. Für die Ädilen ist der Cerestempel, was der Tempel des Saturnus<br />

für die Quästoren, und von jenem haben sie auch den Namen. Bezeichnend ist die Vorschrift<br />

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