Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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wurden. Allein der Waffenstillstand auf 400 Monate, der anstatt Friedens den Krieg<br />
beendigte, fiel für die Römer insofern günstig aus, als er wenigstens den Status quo<br />
der Königszeit wiederherstellte; die Etrusker verzichteten auf Fidenae und den am<br />
rechten Tiberufer gewonnenen Distrikt. Es ist nicht auszumachen, inwieweit dieser<br />
römisch-etruskische Krieg mit dem hellenisch-persischen und dem sizilischkarthagischen<br />
in unmittelbaren Zusammenhange stand; aber mögen die Römer die<br />
Verbündeten der Sieger von Salamis und von Himera gewesen sein oder nicht, die<br />
Interessen wie die Folgen trafen jedenfalls zusammen.<br />
Wie die Latiner warfen auch die Samniten sich auf die Etrusker; und kaum war<br />
deren kampanische Niederlassung durch die Folgen des Treffens bei Kyme vom<br />
Mutterlande abgeschnitten worden, als sie auch schon nicht mehr imstande war,<br />
den Angriffen der sabellischen Bergvölker zu widerstehen. Die Hauptstadt Capua<br />
fiel 330 (424) und die tuskische Bevölkerung ward hier bald nach der Eroberung<br />
von den Samniten ausgerottet oder verjagt. Freilich hatten auch die kampanischen<br />
Griechen, vereinzelt und geschwächt, unter derselben Invasion schwer zu leiden;<br />
Kyme selbst ward 334 (420) von den Sabellern erobert. Dennoch behaupteten die<br />
Griechen sich namentlich in Neapolis, vielleicht mit Hilfe der Syrakusaner, während<br />
der etruskische Name in Kampanien aus der <strong>Geschichte</strong> verschwindet; kaum<br />
daß einzelne etruskische Gemeinden eine kümmerliche und verlorene Existenz sich<br />
dort fristeten.<br />
Aber noch folgenreichere Ereignisse traten um dieselbe Zeit im nördlichen Italien<br />
ein. Eine neue Nation pochte an die Pforten der Alpen: es waren die Kelten;<br />
und ihr erster Andrang traf die Etrusker.<br />
Die keltische, auch galatische oder gallische Nation hat von der gemeinschaftlichen<br />
Mutter eine andere Ausstattung empfangen als die italische, die germanische<br />
und die hellenische Schwester. Es fehlt ihr bei manchen tüchtigen und noch mehr<br />
glänzenden Eigenschaften die tiefe sittliche und staatliche Anlage, auf welche alles<br />
Gute und Große in der menschlichen Entwicklung sich gründet. Es galt, sagt Cicero,<br />
als schimpflich für den freien Kelten, das Feld mit eigenen Händen zu bestellen.<br />
Dem Ackerbau zogen sie das Hirtenleben vor und trieben selbst in den fruchtbaren<br />
Poebenen vorzugsweise die Schweinezucht, von dem Fleisch ihrer Herden sich<br />
nährend und in den Eichenwäldern mit ihnen Tag und Nacht verweilend. Die Anhänglichkeit<br />
an die eigene Scholle, wie sie den Italikern und den Germanen eigen<br />
ist, fehlt bei den Kelten; wogegen sie es lieben, in den Städten und Flecken zusammen<br />
zu siedeln und diese bei ihnen früher, wie es scheint, als in Italien Ausdehnung<br />
und Bedeutung gewonnen haben. Ihre bürgerliche Verfassung ist unvollkommen;<br />
nicht bloß wird die nationale Einheit nur durch ein schwaches Band vertreten, was<br />
ja in gleicher Weise von allen Nationen anfänglich gilt, sondern es mangelt auch<br />
in den einzelnen Gemeinden an Eintracht und festem Regiment, an ernstem Bürgersinn<br />
und folgerechtem Streben. Die einzige Ordnung, der sie sich schicken, ist<br />
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