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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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wie es einzelne Konsuln aus seiner Mitte versuchten, ohne bei der herabgedrückten<br />

Stellung der Magistratur durchdringen zu können, so konnte er sich noch lange<br />

im Alleinbesitz der Ämter behaupten. Hätte er es vermocht, die reichen und ansehnlichen<br />

Plebejer zu voller Rechtsgleichheit zuzulassen, etwa an den Eintritt in<br />

den Senat die Gewinnung des Patriziats zu knüpfen, so mochten beide noch lange<br />

ungestraft regieren und spekulieren. Allein es geschah keines von beiden: die<br />

Engherzigkeit und Kurzsichtigkeit, die eigentlichen und unverlierbaren Privilegien<br />

alles echten Junkertums, verleugneten sich auch in Rom nicht und zerrissen die<br />

mächtige Gemeinde in nutz-, ziel- und ruhmlosem Hader.<br />

Indes die nächste Krise ging nicht von den ständisch Zurückgesetzten aus, sondern<br />

von der notleidenden Bauernschaft. Die zurechtgemachten Annalen setzen<br />

die politische Revolution in das Jahr 244 (510), die soziale in die Jahre 259 und<br />

260 (495 494); sie scheinen allerdings sich rasch gefolgt zu sein, doch ist der Zwischenraum<br />

wahrscheinlich länger gewesen. Die strenge Übung des Schuldrechts<br />

– so lautet die Erzählung – erregte die Erbitterung der ganzen Bauernschaft. Als<br />

im Jahre 259 (495) für einen gefahrvollen Krieg die Aushebung veranstaltet ward,<br />

weigerte sich die pflichtige Mannschaft, dem Gebot zu folgen. Wie darauf der Konsul<br />

Publius Servilius die Anwendung der Schuldgesetze vorläufig suspendierte und<br />

sowohl die schon in Schuldhaft sitzenden Leute zu entlassen befahl, als auch den<br />

weiteren Lauf der Verhaftungen hemmte, stellten die Bauern sich und halfen den<br />

Sieg erfechten. Heimgekehrt vom Schlachtfeld brachte der Friede, den sie erstritten<br />

hatten, ihnen ihren Kerker und ihre Ketten wieder; mit erbarmungsloser Strenge<br />

wandte der zweite Konsul Appius Claudius die Kreditgesetze an und der Kollege,<br />

den seine früheren Soldaten um Hilfe anriefen, wagte nicht sich zu widersetzen.<br />

Es schien, als sei die Kollegialität nicht zum Schutz des Volkes eingeführt, sondern<br />

zur Erleichterung des Treubruchs und der Despotie; indes man litt, was nicht zu<br />

ändern war. Als aber im folgenden Jahr sich der Krieg erneuerte, galt das Wort<br />

des Konsuls nicht mehr. Erst dem ernannten Diktator Manius Valerius fügten sich<br />

die Bauern, teils aus Scheu vor der höheren Amtsgewalt, teils im Vertrauen auf<br />

seinen populären Sinn – die Valerier waren eines jener alten Adelsgeschlechter,<br />

denen das Regiment ein Recht und eine Ehre, nicht eine Pfründe dünkte. Der Sieg<br />

war wieder bei den römischen Feldzeichen; aber als die Sieger heimkamen und<br />

der Diktator seine Reformvorschläge dem Senat vorlegte, scheiterten sie an dem<br />

hartnäckigen Widerstand des Senats. Noch stand das Heer beisammen, wie üblich<br />

vor den Toren der Stadt; als die Nachricht hinauskam, entlud sich das lange drohende<br />

Gewitter – der Korpsgeist und die geschlossene militärische Organisation<br />

rissen auch die Verzagten und Gleichgültigen mit fort. Das Heer verließ den Feldherrn<br />

und seine Lagerstatt und zog, geführt von den Legionskommandanten, den<br />

wenigstens großenteils plebejischen Kriegstribunen, in militärischer Ordnung in<br />

die Gegend von Crustumeria zwischen Tiber und Anio, wo es einen Hügel besetzte<br />

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