Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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144 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
ten römischen Symmachie. Wohl konnte das Überraschende und Gewaltige in der<br />
griechischen Kriegführung, das Genie des Feldherrn noch einen Sieg mehr wie die<br />
von Herakleia und Ausculum erfechten, aber jeder neue Sieg vernutzte die Mittel<br />
zu weiteren Unternehmungen und es war klar, daß die Römer schon jetzt sich als<br />
die Stärkeren fühlten und den endlichen Sieg mit mutiger Geduld erharrten. Dieser<br />
Krieg war nicht das feine Kunstspiel, wie die griechischen Fürsten es übten und<br />
verstanden; an der vollen und gewaltigen Energie der Landwehr zerschellten alle<br />
strategischen Kombinationen. Pyrrhos fühlte, wie die Dinge standen; überdrüssig<br />
seiner Siege und seine Bundesgenossen verachtend, harrte er nur aus, weil die militärische<br />
Ehre ihm vorschrieb, Italien nicht zu verlassen, bevor er seine Schutzbefohlenen<br />
vor den Barbaren gesichert haben würde. Es war bei seinem ungeduldigen<br />
Naturell vorauszusetzen, daß er den ersten Vorwand ergreifen würde, um der lästigen<br />
Pflicht sich zu entledigen; und die Veranlassung, sich von Italien zu entfernen,<br />
boten bald die sizilischen Angelegenheiten ihm dar.<br />
Nach Agathokles’ Tode (465 289) fehlte es den sizilischen Griechen an jeder<br />
leitenden Macht. Während in den einzelnen hellenischen Städten unfähige Demagogen<br />
und unfähige Tyrannen einander ablösten, dehnten die Karthager, die alten<br />
Herren der Westspitze, ihre Herrschaft ungestört aus. Nachdem Akragas ihnen erlegen<br />
war, glaubten sie die Zeit gekommen, um zu dem seit Jahrhunderten im Auge<br />
behaltenen Ziel endlich den letzten Schritt zu tun und die ganze Insel unter ihre<br />
Botmäßigkeit zu bringen: sie wandten sich zum Angriff auf Syrakus. Die Stadt, die<br />
einst mit ihren Heeren und Flotten Karthago den Besitz der Insel streitig gemacht<br />
hatte, war durch den inneren Hader und die Schwäche des Regiments so tief herabgekommen,<br />
daß sie ihre Rettung suchen mußte in dem Schutz ihrer Mauern und in<br />
auswärtiger Hilfe; und niemand konnte diese gewähren als König Pyrrhos. Pyrrhos<br />
war des Agathokles Tochtermann, sein Sohn, der damals sechzehnjährige Alexander,<br />
des Agathokles Enkel, beide in jeder Beziehung die natürlichen Erben der<br />
hochfliegenden Pläne des Herrn von Syrakus; und wenn es mit der Freiheit doch<br />
zu Ende war, konnte Syrakus Ersatz darin finden, die Hauptstadt eines westhellenischen<br />
Reiches zu sein. So trugen die Syrakusaner gleich den Tarentinern und unter<br />
ähnlichen Bedingungen dem König Pyrrhos freiwillig die Herrschaft entgegen (um<br />
475 279), und durch eine seltene Fügung der Dinge schien sich alles zu vereinigen<br />
zum Gelingen der großartigen, zunächst auf den Besitz von Tarent und Syrakus<br />
gebauten Pläne des Epeirotenkönigs.<br />
Freilich war die nächste Folge von dieser Vereinigung der italischen und sizilischen<br />
Griechen unter eine Hand, daß auch die Gegner sich enger zusammenschlossen.<br />
Karthago und Rom verwandelten ihre alten Handelsverträge jetzt in ein Offensivund<br />
Defensivbündnis gegen Pyrrhos (475 279), dessen Bedingungen dahin lauteten,<br />
daß, wenn Pyrrhos römisches oder karthagisches Gebiet betrete, der nicht<br />
angegriffene Teil dem angegriffenen auf dessen Gebiet Zuzug leisten und die Hilf-