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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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Entwicklung, daß die Kurien durch die Zenturienversammlung völlig und auf immer<br />

verdunkelt wurden und man sich gewöhnte, das souveräne Volk in der letzteren<br />

zu erblicken. Debatte fand auch in dieser bloß dann statt, wenn der vorsitzende<br />

Beamte freiwillig selbst sprach oder andere sprechen hieß, nur daß bei der Provokation<br />

natürlich beide Teile gehört werden mußten; die einfache Majorität der<br />

Zenturien entschied.<br />

Da in der Kurienversammlung die überhaupt Stimmberechtigten sich völlig<br />

gleichstanden, also nach Aufnahme der sämtlichen Plebejer in die Kurien man bei<br />

der ausgebildeten Demokratie angelangt sein würde, so ist es begreiflich, daß die<br />

politischen Abstimmungen den Kurien entzogen blieben; die Zenturienversammlung<br />

legte das Schwergewicht zwar nicht in die Hände der Adligen, aber doch in<br />

die der Vermögenden, und das wichtige Vorstimmrecht, welches oft tatsächlich<br />

entschied, in die der Ritter, das ist der Reichen.<br />

Nicht in gleicher Weise wie die Gemeinde wurde der Senat durch die Reform<br />

der Verfassung betroffen. Das bisherige Kollegium der Ältesten blieb nicht bloß<br />

ausschließlich patrizisch, sondern behauptete auch seine wesentlichen Befugnisse,<br />

das Recht, den Zwischenkönig zu stellen und die von der Gemeinde gefaßten<br />

Beschlüsse als verfassungsmäßige oder verfassungswidrige zu bestätigen oder zu<br />

verwerfen. Ja, diese Befugnisse wurden durch die Reform der Verfassung noch gesteigert,<br />

indem fortan auch die Bestellung der Gemeindebeamten wie der Wahl der<br />

Gemeinde, so der Bestätigung oder Verwerfung des patrizischen Senats unterlag –<br />

nur bei der Provokation ist seine Bestätigung, soviel wir wissen, niemals eingeholt<br />

worden, da es sich hier um Begnadigung des Schuldigen handelte, und wenn diese<br />

von der souveränen Volksversammlung erteilt war, von einer etwaigen Vernichtung<br />

dieses Aktes nicht füglich die Rede sein konnte.<br />

Indes wenngleich durch die Abschaffung des Königtums die verfassungsmäßigen<br />

Rechte des patrizischen Senats eher gemehrt als gemindert wurden, so kam<br />

doch auch, und zwar der Überlieferung zufolge sogleich mit der Abschaffung des<br />

Königtums, für diejenigen Angelegenheiten, die im Senat sonst zur Sprache kamen<br />

und die eine freiere Behandlung zuließen, eine Erweiterung des Senats auf,<br />

die auch Plebejer in denselben brachte, und die in ihren Folgen eine vollständige<br />

Umgestaltung der gesamten Körperschaft herbeigeführt hat. Seit ältester Zeit hat<br />

der Senat nicht allein und nicht vorzugsweise, aber doch auch als Staatsrat fungiert;<br />

und wenn es wahrscheinlich schon in der Königszeit nicht als verfassungswidrig<br />

angesehen ward, daß in diesem Fall auch Nichtsenatoren an der Versammlung<br />

teilnahmen, so wurde jetzt die Einrichtung getroffen, daß für dergleichen Verhandlungen<br />

dem patrizischen Senat (Patres) eine Anzahl nicht patrizischer “Eingeschriebener”<br />

(conscripti) beigegeben wurden. Eine Gleichstellung war dies freilich<br />

in keiner Weise: die Plebejer im Senat wurden nicht Senatoren, sondern blieben<br />

Mitglieder des Ritterstandes, hießen nicht “Väter”, sondern waren nun auch “Ein-<br />

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