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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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62 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />

nicht viel gelegen, als diese weniger als früher eines eigenen Wollens und Handelns<br />

fähig war, und als es eine eigentliche Demagogie in Rom noch nicht gab – hätte<br />

eine solche damals bestanden, so würde sie versucht haben, nicht die Kompetenz<br />

der Bürgerschaft zu erweitern, sondern die politische Debatte vor der Bürgerschaft<br />

zu entfesseln, während es doch bei den alten Satzungen, daß nur der Magistrat<br />

die Bürger zur Versammlung zu berufen und daß er jede Debatte und jede Amendementsstellung<br />

auszuschließen befugt sei, unverändert sein Bewenden hatte. Zur<br />

Zeit machte sich diese beginnende Zerrüttung der Verfassung hauptsächlich nur insofern<br />

geltend, als die Urversammlungen sich wesentlich passiv verhielten und im<br />

ganzen in das Regiment weder fördernd noch störend eingriffen.<br />

Was die Beamtengewalt anlangt, so war deren Schmälerung nicht gerade das<br />

Ziel der zwischen Alt- und Neubürgern geführten Kämpfe, wohl aber eine ihrer<br />

wichtigsten Folgen. Bei dem Beginn der ständischen Kämpfe, das heißt des Streites<br />

um den Besitz der konsularischen Gewalt, war das Konsulat noch die einige und<br />

unteilbare wesentliche königliche Amtsgewalt gewesen und hatte der Konsul wie<br />

ehemals der König noch alle Unterbeamten nach eigener freier Wahl bestellt; an<br />

Ende desselben waren die wichtigsten Befugnisse: Gerichtsbarkeit, Straßenpolizei,<br />

Senatoren- und Ritterwahl, Schatzung und Kassenverwaltung von dem Konsulat<br />

getrennt und an Beamte übergegangen, die gleich dem Konsul von der Gemeinde<br />

ernannt wurden und weit mehr neben als unter ihm standen. Das Konsulat, sonst<br />

das einzige ordentliche Gemeindeamt, war jetzt nicht mehr einmal unbedingt das<br />

erste: in der neu sich feststellenden Rang- und gewöhnlichen Reihenfolge der Gemeindeämter<br />

stand das Konsulat zwar über Prätur, Ädilität und Quästur, aber unter<br />

dem Einschätzungsamt, an das außer den wichtigsten finanziellen Geschäften<br />

die Feststellung der Bürger-, Ritter- und Senatorenliste und damit eine durchaus<br />

willkürliche sittliche Kontrolle über die gesamte Gemeinde und jeden einzelnen,<br />

geringsten wie vornehmsten Bürger gekommen war. Der dem ursprünglichen römischen<br />

Staatsrecht mit dem Begriff des Oberamts unvereinbar erscheinende Begriff<br />

der begrenzten Beamtengewalt oder der Kompetenz brach allmählich sich<br />

Bahn und zerfetzte und zerstörte den älteren des einen und unteilbaren Imperium.<br />

Einen Anfang dazu machte schon die Einsetzung der ständigen Nebenämter,<br />

namentlich der Quästur; vollständig durchgeführt ward sie durch die Licinischen<br />

Gesetze (387 367), welche von den drei höchsten Beamten der Gemeinde die ersten<br />

beiden für Verwaltung und Kriegführung, den dritten für die Gerichtsleitung<br />

bestimmten. Aber man blieb hierbei nicht stehen. Die Konsuln, obwohl sie rechtlich<br />

durchaus und überall konkurrierten, teilten doch natürlich seit ältester Zeit<br />

tatsächlich die verschiedenen Geschäftskreise (provinciae) unter sich. Ursprünglich<br />

war dies lediglich durch freie Vereinbarung oder in deren Ermangelung durch<br />

Losung geschehen; allmählich aber griffen die anderen konstitutiven Gewalten im<br />

Gemeinwesen in diese faktischen Kompetenzbestimmungen ein. Es ward üblich,

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