Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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128 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
dort anzuknüpfen. Karthago mit seinen vielfachen Verbindungen im Orient mußte<br />
den Blick des gewaltigen Mannes notwendig auf sich ziehen, und wahrscheinlich<br />
lag es in seinen Absichten, die nominelle Herrschaft des Perserkönigs über die tyrische<br />
Kolonie in eine wirkliche umzuwandeln; nicht umsonst fand sich ein aus Karthago<br />
gesandter Spion in der unmittelbaren Umgebung Alexanders. Indes mochten<br />
dies Träume oder Pläne sein, der König starb, ohne mit den Angelegenheiten des<br />
Westens sich beschäftigt zu haben, und jene Gedanken gingen mit ihm zu Grabe.<br />
Nur wenige kurze Jahre hatte ein griechischer Mann die ganze intellektuelle<br />
Kraft des Hellenentums, die ganze materielle Fülle des Ostens vereinigt in seiner<br />
Hand gehalten; mit seinem Tode ging zwar das Werk seines Lebens, die Gründung<br />
des Hellenismus im Orient, keineswegs zugrunde, wohl aber spaltete sich sofort<br />
das kaum geeinigte Reich und unter dem steten Hader der verschiedenen, aus diesen<br />
Trümmern sich bildenden Staaten ward ihrer aller weltgeschichtliche Bestimmung,<br />
die Propaganda der griechischen Kultur im Osten zwar nicht aufgegeben,<br />
aber abgeschwächt und verkümmert. Bei solchen Verhältnissen konnten weder die<br />
griechischen noch die asiatisch-ägyptischen Staaten daran denken, im Okzident festen<br />
Fuß zu fassen und gegen die Römer oder die Karthager sich zu wenden. Das<br />
östliche und das westliche Staatensystem bestanden nebeneinander, ohne zunächst<br />
politisch ineinanderzugreifen; und namentlich Rom blieb den Verwicklungen der<br />
Diadochenperiode wesentlich fremd. Nur Beziehungen ökonomischer Art stellten<br />
sich fest; wie denn zum Beispiel der rhodische Freistaat, der vornehmste Vertreter<br />
einer neutralen Handelspolitik in Griechenland und daher der allgemeine Vermittler<br />
des Verkehrs in einer Zeit ewiger Kriege, um das Jahr 448 (306) einen Vertrag<br />
mit Rom abschloß, natürlich einen Handelstraktat, wie er begreiflich ist zwischen<br />
einem Kaufmannsvolk und den Herren der caeritischen und kampanischen Küste.<br />
Auch bei der Söldnerlieferung, die von dem allgemeinen Werbeplatz der damaligen<br />
Zeit, von Hellas aus nach Italien und namentlich nach Tarent ging, wirkten<br />
die politischen Beziehungen, die zum Beispiel zwischen Tarent und dessen Mutterstadt<br />
Sparta bestanden, nur in sehr untergeordneter Weise mit; im ganzen waren die<br />
Werbungen nichts als kaufmännische Geschäfte, und Sparta, obwohl es regelmäßig<br />
den Tarentinern zu den italischen Kriegen die Hauptleute lieferte, trat mit den<br />
Italikern darum so wenig in Fehde wie im nordamerikanischen Freiheitskrieg die<br />
deutschen Staaten mit der Union, deren Gegnern sie ihre Untertanen verkauften.<br />
Nichts anderes als ein abenteuernder Kriegshauptmann war auch König Pyrrhos<br />
von Epeiros; er war darum nicht minder ein Glücksritter, daß er seinen Stammbaum<br />
zurückführte auf Äakos und Achilleus und daß er, wäre er friedlicher gesinnt<br />
gewesen, als “König” über ein kleines Bergvolk unter makedonischer Oberherrlichkeit<br />
oder auch allenfalls in isolierter Freiheit hätte leben und sterben können.<br />
Man hat ihn wohl verglichen mit Alexander von Makedonien; und allerdings die<br />
Gründung eines westhellenischen Reiches, dessen Kern Epeiros, Großgriechen-