Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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156 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
Senat den massaliotischen Kaufleuten Handelsbegünstigungen und räumte bei der<br />
Feier der Spiele auf dem Markt neben der Senatorentribüne den Massalioten einen<br />
Ehrenplatz (graecostasis) ein. Eben dahin gehören die um das Jahr 448 (306) mit<br />
Rhodos und nicht lange nachher mit Apollonia, einer ansehnlichen Kaufstadt an<br />
der epeirotischen Küste, von den Römern abgeschlossenen Handels- und Freundschaftsverträge<br />
und vor allem die für Karthago sehr bedenkliche Annäherung, welche<br />
unmittelbar nach dem Ende des Pyrrhischen Krieges zwischen Rom und Syrakus<br />
stattfand.<br />
Wenn also die römische Seemacht zwar mit der ungeheuren Entwicklung der<br />
Landmacht auch nicht entfernt Schritt hielt und namentlich die eigene Kriegsmarine<br />
der Römer keineswegs war, was sie nach der geographischen und kommerziellen<br />
Lage des Staates hätte sein müssen, so fing doch auch sie an, allmählich sich<br />
aus der völligen Nichtigkeit, zu welcher sie um das Jahr 400 (354) herabgesunken<br />
war, wieder emporzuarbeiten; und bei den großen Hilfsquellen Italiens mochten<br />
wohl die Phöniker mit besorgten Blicken diese Bestrebungen verfolgen.<br />
Die Krise über die Herrschaft auf den italischen Gewässern nahte heran; zu<br />
Lande war der Kampf entschieden. Zum erstenmal war Italien unter der Herrschaft<br />
der römischen Gemeinde zu einem Staat vereinigt. Welche politische Befugnisse<br />
dabei die römische Gemeinde den sämtlichen übrigen italischen entzog und in<br />
ihren alleinigen Besitz nahm, das heißt, welcher staatsrechtliche Begriff mit dieser<br />
Herrschaft Roms zu verbinden ist, wird nirgends ausdrücklich gesagt, und es<br />
mangelt selbst, in bezeichnender und klug berechneter Weise, für diesen Begriff an<br />
einem allgemeingültigen Ausdruck 9 . Nachweislich gehörten dazu nur das Kriegsund<br />
Vertrags- und das Münzrecht, so daß keine italische Gemeinde einem auswärtigen<br />
Staat Krieg erklären oder mit ihm auch nur verhandeln und kein Courantgeld<br />
schlagen durfte, dagegen jede von der römischen Gemeinde erlassene Kriegserklärung<br />
und jeder von ihr abgeschlossene Staatsvertrag von Rechtswegen alle übrigen<br />
italischen Gemeinden mit band und das römische Silbergeld in ganz Italien gesetzlich<br />
gangbar ward; und es ist wahrscheinlich, daß die formulierten Befugnisse<br />
der führenden Gemeinde sich nicht weiter erstreckten. Indes notwendig knüpften<br />
hieran tatsächlich viel weitergehende Herrschaftsrechte sich an.<br />
Im einzelnen war das Verhältnis, in welchem die Italiker zu der führenden Gemeinde<br />
standen, ein höchst ungleiches, und es sind in dieser Hinsicht, außer der<br />
römischen Vollbürgerschaft, drei verschiedene Klassen von Untertanen zu unter-<br />
9 Die Klausel, daß das abhängige Volk sich verpflichtet, “die Hoheit des römischen freundlich<br />
gelten zu lassen” (maiestatem populi Romani <strong>com</strong>iter conservare), ist allerdings die technische Bezeichnung<br />
dieser mildesten Untertänigkeitsform, aber wahrscheinlich erst in bedeutend späterer Zeit<br />
aufgekommen (Cic. Balb. 16, 35). Auch die privatrechtliche Bezeichnung der Klientel, so treffend sie<br />
eben in ihrer Unbestimmtheit das Verhältnis bezeichnet (Dig. 49, 15, 7, 1), ist schwerlich in älterer<br />
Zeit offiziell auf dasselbe angewendet worden.