Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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Stil gearbeitete Steinsarg des römischen Konsuls Lucius Scipio; aber die edle Einfachheit<br />
desselben beschämt alle ähnlichen etruskischen Werke. Aus den etruskischen<br />
Gräbern sind manche schöne Bronzen alten strengen Kunststils, namentlich<br />
Helme, Leuchter und dergleichen Gerätstücke erhoben worden; aber welches dieser<br />
Werke reicht an die im Jahre 458 (296) am ruminalischen Feigenbaum auf dem<br />
römischen Markte aus Strafgeldern aufgestellte bronzene Wölfin, noch heute den<br />
schönsten Schmuck des Kapitols? Und daß auch die latinischen Metallgießer so<br />
wenig wie die etruskischen vor großen Aufgaben zurückschraken, beweist das von<br />
Spurius Carvilis (Konsul 461 293) aus den eingeschmolzenen samnitischen Rüstungen<br />
errichtete kolossale Erzbild des Jupiter auf dem Kapitol, aus dessen Abfall<br />
beim Ziselieren die zu den Füßen des Kolosses stehende Statue des Siegers hatte<br />
gegossen werden können; man sah dieses Jupiterbild bis vom Albanischen Berge.<br />
Unter den gegossenen Kupfermünzen gehören bei weitem die schönsten dem südlichen<br />
Latium an; die römischen und umbrischen sind leidlich, die etruskischen<br />
fast bildlos und oft wahrhaft barbarisch. Die Wandmalereien, die Gaius Fabius in<br />
dem 452 302 dedizierten Tempel der Wohlfahrt auf dem Kapitol ausführte, erwarben<br />
in Zeichnung und Färbung noch das Lob griechisch gebildeter Kunstrichter<br />
der augusteischen Epoche; und es werden von den Kunstenthusiasten der Kaiserzeit<br />
wohl auch die caeritischen, aber mit noch größerem Nachdruck die römischen,<br />
lanuvinischen und ardeatischen Fresken als Meisterwerke der Malerei gepriesen.<br />
Die Zeichnung auf Metall, welche in Latium nicht wie in Etrurien die Handspiegel,<br />
sondern die Toilettenkästchen mit ihren zierlichen Umrissen schmückte, ward<br />
in Latium in weit geringerem Umfang und fast nur in Praeneste geübt; es finden<br />
sich vorzügliche Kunstwerke unter den etruskischen Metallspiegeln wie unter den<br />
praenestinischen Kästchen, aber es war ein Werk der letzteren Gattung, und zwar<br />
ein höchst wahrscheinlich in dieser Epoche in der Werkstatt eines praenestinischen<br />
Meisters entstandenes Werk 13 , von dem mit Recht gesagt werden konnte, daß kaum<br />
ein zweites Erzeugnis der Graphik des Altertums so wie die ficoronische Cista den<br />
Stempel einer in Schönheit und Charakteristik vollendeten und noch vollkommen<br />
reinen und ernsten Kunst an sich trägt.<br />
Der allgemeine Stempel der etruskischen Kunstwerke ist teils eine gewisse barbarische<br />
Überschwenglichkeit im Stoff wie im Stil, teils der völlige Mangel innerer<br />
Entwicklung. Wo der griechische Meister flüchtig skizziert, verschwendet der<br />
etruskische Schüler schülerhaft den Fleiß; an die Stelle des leichten Materials und<br />
der mäßigen Verhältnisse griechischer Werke tritt bei den etruskischen ein renommistisches<br />
Hervorheben der Größe und Kostbarkeit oder auch bloß der Seltsamkeit<br />
13 Novius Plautius goß vielleicht nur die Füße und die Deckelgruppe; das Kästchen selbst kann<br />
von einem älteren Künstler herrühren, aber, da der Gebrauch dieser Kästchen sich wesentlich auf<br />
Praeneste beschränkt hat, kaum von einem anderen als einem praenestinischen.