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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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8 KAPITEL 1. ÄNDERUNG DER VERFASSUNG<br />

büchern so nahe an die Vertreibung der Tarquinier gerückt ist, kann nicht als eine<br />

Intervention Etruriens zu Gunsten eines in Rom beeinträchtigten Landsmannes angesehen<br />

werden, aus dem sehr zureichenden Grunde, daß die Etrusker trotz des<br />

vollständigen Sieges doch weder das römische Königtum wiederhergestellt noch<br />

auch nur die Tarquinier zurückgeführt haben.<br />

Sind wir über den historischen Zusammenhang dieses wichtigen Ereignisses<br />

im Dunkeln, so liegt dagegen zum Glück klar vor, worin die Verfassungsänderung<br />

bestand. Die Königsgewalt ward keineswegs abgeschafft, wie schon das beweist,<br />

daß in der Vakanz nach wie vor der “Zwischenkönig” eintrat; es traten nur an die<br />

Stelle des einen lebenslänglichen zwei Jahreskönige, die sich Feldherren (praetores)<br />

oder Richter (iudices) oder auch bloß Kollegen (consules) 2 nannten. Es sind<br />

die Prinzipien der Kollegialität und der Annuität, die die Republik und das Königtum<br />

unterscheiden und die hier zuerst uns entgegentreten.<br />

Dasjenige der Kollegialität, dem der dritte späterhin gangbarste Name der Jahreskönige<br />

entlehnt war, erscheint hier in einer ganz eigentümlichen Gestalt. Nicht<br />

den beiden Beamten zusammen ward die höchste Macht übertragen, sondern es<br />

hatte und übte sie jeder Konsul für sich so voll und ganz, wie der König sie gehabt<br />

und geübt hatte. Es geht dies so weit, daß von den beiden Kollegen nicht etwa der<br />

eine die Rechtspflege, der andere den Heerbefehl übernahm, sondern sie ebenso<br />

gleichzeitig in der Stadt Recht sprachen wie zusammen zum Heere abgingen; im<br />

Falle der Kollision entschied ein nach Monaten oder Tagen bemessener Turnus.<br />

Allerdings konnte daneben, wenigstens im militärischen Oberbefehl, eine gewisse<br />

Kompetenzteilung wohl von Anfang an stattfinden, beispielsweise der eine Konsul<br />

gegen die Aequer, der andere gegen die Volsker ausrücken; aber sie hatte in keiner<br />

Weise bindende Kraft und jedem der Kollegen stand es rechtlich frei, in den<br />

Amtskreis des andern zu jeder Zeit überzugreifen. Wo also die höchste Gewalt der<br />

höchsten Gewalt entgegentrat und der eine Kollege das verbot, was der andere befahl,<br />

hoben die konsularischen Machtworte einander auf. Diese eigentümlich wenn<br />

nicht römische, so doch latinische Institution konkurrierender höchster Gewalt, die<br />

im römischen Gemeinwesen sich im ganzen genommen praktisch bewährt hat, zu<br />

der es aber schwer sein wird, in einem andern größeren Staat eine Parallele zu<br />

finden, ist offenbar hervorgegangen aus dem Bestreben, die königliche Macht in<br />

rechtlich ungeschmälerter Fülle festzuhalten und darum das Königsamt nicht etwa<br />

zu teilen oder von einem Individuum auf ein Kollegium zu übertragen, sondern<br />

lediglich es zu verdoppeln und damit, wo es nötig war, es durch sich selber zu<br />

vernichten.<br />

Für die Befristung gab das ältere fünftägige Zwischenkönigtum einen rechtli-<br />

2 Consules sind die zusammen Springenden oder Tanzenden, wie praesul der Vorspringen exul<br />

der Ausspringer (� ����� ´��), insula der Einsprung, zunächst der ins Meer gefallene Felsblock.

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