Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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befruchtet, als aus griechischen Samenkörnern gekeimt. Daß dieselben, obwohl<br />
erst die jüngeren Schwestern der Architektur, doch wenigstens in Etrurien schon<br />
während der römischen Königszeit sich zu entwickeln begannen, wurde bereits bemerkt;<br />
ihre hauptsächliche Entfaltung aber gehört in Etrurien, und um so mehr in<br />
Latium, dieser Epoche an, wie dies schon daraus mit Evidenz hervorgeht, daß in<br />
denjenigen Landschaften, welche die Kelten und Samniten den Etruskern im Laufe<br />
des vierten Jahrhunderts entrissen, von etruskischer Kunstübung fast keine Spur<br />
begegnet. Die tuskische Plastik warf sich zuerst und hauptsächlich auf die Arbeit<br />
in gebranntem Ton, in Kupfer und in Gold, welche Stoffe die reichen Tonlager<br />
und Kupfergruben und der Handelsverkehr Etruriens den Künstlern darboten. Von<br />
der Schwunghaftigkeit, womit die Tonbildnerei betrieben wurde, zeugen die ungeheuren<br />
Massen von Reliefplatten und statuarischen Arbeiten aus gebranntem Ton,<br />
womit Wände, Giebel und Dächer der etruskischen Tempel nach Ausweis der noch<br />
vorhandenen Ruinen einst verziert waren, und der nachweisliche Vertrieb derartiger<br />
Arbeiten aus Etrurien nach Latium. Der Kupferguß stand nicht dahinter zurück.<br />
Etruskische Künstler wagten sich an die Verfertigung von kolossalen, bis zu fünfzig<br />
Fuß hohen Bronzebildsäulen, und in Volsinii, dem etruskischen Delphi, sollen<br />
um das Jahr 489 (265) zweitausend Bronzestatuen gestanden haben, wogegen die<br />
Steinbildnerei in Etrurien, wie wohl überall, weit später begann und außer inneren<br />
Ursachen auch durch den Mangel eines geeigneten Materials zurückgehalten ward<br />
– die lunensischen (carrarischen) Marmorbrüche waren noch nicht eröffnet. Wer<br />
den reichen und zierlichen Goldschmuck der südetruskischen Gräber gesehen hat,<br />
der wird die Nachricht nicht unglaublich finden, daß die tyrrhenischen Goldschalen<br />
selbst in Attika geschätzt wurden. Auch die Steinschneidekunst ward, obwohl<br />
sie jünger ist, doch auch in Etrurien vielfältig geübt. Ebenso abhängig von den<br />
Griechen, übrigens den bildenden Künstlern vollkommen ebenbürtig, waren die<br />
sowohl in der Umrißzeichnung auf Metall wie in der monochromatischen Wandmalerei<br />
ungemein tätigen etruskischen Zeichner und Maler.<br />
Vergleichen wir hiermit das Gebiet der eigentlichen Italiker, so erscheint es zunächst<br />
gegen die etruskische Fülle fast kunstarm. Allein bei genauerer Betrachtung<br />
kann man der Wahrnehmung sich nicht entziehen, daß sowohl die sabellische wie<br />
die latinische Nation weit mehr als die etruskische Fähigkeit und Geschick für die<br />
Kunst gehabt haben müssen. Zwar auf eigentlich sabellischem Gebiet, in der Sabina,<br />
in den Abruzzen, in Samnium, finden sich Kunstwerke so gut wie gar nicht<br />
und mangeln sogar die Münzen. Diejenigen sabellischen Stämme dagegen, welche<br />
an die Küsten der Tyrrhenischen oder Ionischen See gelangten, haben die hellenische<br />
Kunst sich nicht bloß wie die Etrusker äußerlich angeeignet, sondern sie<br />
mehr oder minder vollständig bei sich akklimatisiert. Schon in Velitrae, wo wohl<br />
allein in der einstmaligen Landschaft der Volsker deren Sprache und Eigentümlichkeit<br />
späterhin sich behauptet haben, haben sich bemalte Terrakotten gefunden