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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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was längst hätte geschehen sollen; und wenn sie es vorzogen, die Kriegserklärung<br />

statt auf den wirklichen Grund vielmehr auf formalen Vertragsbruch zu stützen, so<br />

ließ sich dagegen weiter nichts erinnern, da ja die Diplomatie zu allen Zeiten es unter<br />

ihrer Würde erachtet hat, das Einfache einfach zu sagen. Allein daß man, statt<br />

den Admiral zur Umkehr aufzufordern, die Flotte mit gewaffneter Hand ungewarnt<br />

überfiel, war eine Torheit nicht minder als eine Barbarei, eine jener entsetzlichen<br />

Barbareien der Zivilisation, wo die Gesittung plötzlich das Steuerruder verliert und<br />

die nackte Gemeinheit vor uns hintritt, gleichsam um zu warnen vor dem kindischen<br />

Glauben, als vermöge die Zivilisation aus der Menschennatur die Bestialität<br />

auszuwurzeln.<br />

Und als wäre damit noch nicht genug getan, überfielen nach dieser Heldentat<br />

die Tarentiner Thurii, dessen römische Besatzung infolge der Überrumpelung kapitulierte<br />

(im Winter 472/73 282/81), und bestraften die Thuriner, dieselben, die die<br />

tarentinische Politik den Lucanern preisgegeben und dadurch gewaltsam zur Ergebung<br />

an Rom gedrängt hatte, schwer für ihren Abfall von der hellenischen Partei<br />

zu den Barbaren.<br />

Die Barbaren verfuhren indes mit einer Mäßigung, die bei solcher Macht und<br />

nach solchen Kränkungen Bewunderung erregt. Es lag im Interesse Roms, die tarentinische<br />

Neutralität so lange wie möglich gelten zu lassen, und die leitenden<br />

Männer im Senat verwarfen deshalb den Antrag, den eine Minorität in begreiflicher<br />

Erbitterung stellte, den Tarentinern sofort den Krieg zu erklären. Vielmehr wurde<br />

die Fortdauer des Friedens römischerseits an die mäßigsten Bedingungen geknüpft,<br />

die sich mit Roms Ehre vertrugen: Entlassung der Gefangenen, Rückgabe von Thurii,<br />

Auslieferung der Urheber des Überfalls der Flotte. Mit diesen Vorschlägen ging<br />

eine römische Gesandtschaft nach Tarent (473 281), während gleichzeitig, ihren<br />

Worten Nachdruck zu geben, ein römisches Heer unter dem Konsul Lucius Aemilius<br />

in Samnium einrückte. Die Tarentiner konnten, ohne ihrer Unabhängigkeit<br />

etwas zu vergeben, diese Bedingungen eingehen, und bei der geringen Kriegslust<br />

der reichen Kaufstadt durfte man in Rom mit Recht annehmen, daß ein Abkommen<br />

noch möglich sei. Allein der Versuch, den Frieden zu erhalten, scheiterte – sei es<br />

an dem Widerspruch derjenigen Tarentiner, die die Notwendigkeit erkannten, den<br />

Übergriffen Roms je eher desto lieber mit den Waffen entgegenzutreten, sei es bloß<br />

an der Unbotmäßigkeit des städtischen Pöbels, der sich mit beliebter griechischer<br />

Ungezogenheit sogar an der Person des Gesandten in unwürdiger Weise vergriff.<br />

Nun rückte der Konsul in das tarentinische Gebiet ein; aber statt sofort die Feindseligkeiten<br />

zu eröffnen, bot er noch einmal auf dieselben Bedingungen den Frieden;<br />

und da auch dies vergeblich war, begann er zwar die Äcker und Landhäuser zu<br />

verwüsten und schlug die städtischen Milizen, aber die vornehmeren Gefangenen<br />

wurden ohne Lösegeld entlassen und man gab die Hoffnung nicht auf, daß der<br />

Kriegsdruck der aristokratischen Partei in der Stadt das Übergewicht geben und

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