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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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202 KAPITEL 9. KUNST UND WISSENSCHAFT<br />

sche Sprachlehrer (grammatici 10 ), teils Hofmeister-Sklaven, teils Privatlehrer, die<br />

in ihrer Wohnung oder in der des Schülers Anweisung zum Lesen und Sprechen<br />

des Griechischen erteilten. Daß wie im Kriegswesen und bei der Polizei so auch<br />

bei dem Unterricht der Stock seine Rolle spielte, versteht sich von selbst 11 . Die elementare<br />

Stufe indes kann der Unterricht dieser Zeit noch nicht überstiegen haben;<br />

es gab keine irgend wesentliche soziale Abstufung zwischen dem unterrichteten<br />

und dem nichtunterrichteten Römer.<br />

Daß die Römer in den mathematischen und mechanischen Wissenschaften zu<br />

keiner Zeit sich ausgezeichnet haben, ist bekannt und bewährt sich auch für die<br />

gegenwärtige Epoche an dem fast einzigen Faktum, welches mit Sicherheit hierhergezogen<br />

werden kann, der von den Dezemvirn versuchten Regulierung des Kalenders.<br />

Sie wollten den bisherigen, auf der alten, höchst unvollkommenen Trieteris<br />

beruhenden vertauschen mit dem damaligen attischen der Oktaeteris, welcher den<br />

Mondmonat von 29¡ Tagen beibehielt, das Sonnenjahr aber statt auf 368¿ a vielmehr<br />

auf 365ij Tage ansetzte und demnach bei unveränderter gemeiner Jahrlänge<br />

von 354 Tagen nicht, wie früher, auf je vier Jahre 59, sondern auf je acht Jahre 90<br />

Tage einschaltete. In demselben Sinne beabsichtigten die römischen Kalenderverbesserer<br />

unter sonstiger Beibehaltung des geltenden Kalenders in den zwei Schaltjahren<br />

des vierjährigen Zyklus nicht die Schaltmonate, aber die beiden Februare<br />

um je sieben Tage zu verkürzen, also diesen Monat in den Schaltjahren statt zu 29<br />

und 28 zu 22 und 21 Tagen anzusetzen. Allein mathematische Gedankenlosigkeit<br />

und theologische Bedenken, namentlich die Rücksicht auf das eben in die betreffenden<br />

Februartage fallende Jahrfest des Terminus, zerrütteten die beabsichtigte<br />

Reform in der Art, daß der Schaltjahrfebruar vielmehr 24- und 23tägig ward, also<br />

das neue römische Sonnenjahr in der Tat auf 366ij Tag auskam. Einige Abhilfe<br />

für die hieraus folgenden praktischen Übelstände ward darin gefunden, daß, unter<br />

Beseitigung der bei den jetzt so ungleich gewordenen Monaten nicht mehr anwendbaren<br />

Rechnung nach Monaten oder Zehnmonaten des Kalenders, man sich<br />

gewöhnte, wo es auf genauere Bestimmungen ankam, nach Zehnmonatfristen ei-<br />

10 Litterator und grammaticus verhalten sich ungefähr wie Lehrer und Maître; die letztere Benennung<br />

kommt nach dem älteren Sprachgebrauch nur dem Lehrer des Griechischen, nicht dem der<br />

Muttersprache zu. Litteratus ist jünger und bezeichnet nicht den Schulmeister, sondern den gebildeten<br />

Mann.<br />

11 Es ist doch wohl ein römisches Bild, was Plautus (Bacch. 431) als ein Stück der guten alten<br />

Kindererziehung anführt:<br />

wenn nun du darauf nach Hause kamst,<br />

In dem Jäckchen auf dem Schemel saßest du zum Lehrer hin;<br />

Und wenn dann das Buch ihm lesend eine Silbe du gefehlt,<br />

Färbte deinen Buckel er dir bunt wie einen Kinderlatz.

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