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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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170 KAPITEL 8. RECHT, RELIGION, KRIEGSWESEN, . . .<br />

insofern sie teils für die auf offenem Markt abgeschlossenen Verkäufe, also namentlich<br />

für die Vieh- und Sklavenmärkte die ordentlichen Zivilrichter waren, teils<br />

in der Regel sie es waren, welche in dem Buß- und Brüchverfahren als Richter<br />

erster Instanz oder, was nach römischem Recht dasselbe ist, als öffentliche Ankläger<br />

fungierten. Infolgedessen lag die Handhabung der Brüchgesetze und überhaupt<br />

das ebenso unbestimmte wie politisch wichtige Brüchrecht hauptsächlich in ihrer<br />

Hand. Ähnliche, aber untergeordnetere und besonders gegen die geringen Leute<br />

gerichtete Funktionen standen den zuerst 465 (289) ernannten drei Nacht- oder<br />

Blutherren (tres viri nocturni oder capitales) zu: sie wurden mit der nächtlichen<br />

Feuer- und Sicherheitspolizei und mit der Aufsicht über die Hinrichtungen beauftragt,<br />

woran sich sehr bald, vielleicht schon von Haus aus eine gewisse summarische<br />

Gerichtsbarkeit geknüpft hat 1 . Mit der steigenden Ausdehnung der römischen<br />

Gemeinde wurde es endlich, teils mit Rücksicht auf die Gerichtspflichtigen, notwendig<br />

in den entfernteren Ortschaften eigene, wenigstens für die geringeren Zivilsachen<br />

kompetente Richter niederzusetzen, was für die Passivbürgergemeinden<br />

Regel war, aber vielleicht selbst auf die entfernteren Vollbürgergemeinden erstreckt<br />

ward 2 – die ersten Anfänge einer neben der eigentlich römischen sich entwickelnden<br />

römisch-munizipalen Jurisdiktion.<br />

In dem Zivilverfahren, welches indes nach den Begriffen dieser Zeit die meisten<br />

gegen Mitbürger begangenen Verbrechen einschloß, wurde die wohl schon<br />

früher übliche Teilung des Verfahrens in Feststellung der Rechtsfrage vor dem Magistrat<br />

(ius) und Entscheidung derselben durch einen vom Magistrat ernannten Privatmann<br />

(iudicium) mit Abschaffung des Königtums gesetzliche Vorschrift; und<br />

dieser Trennung hat das römische Privatrecht seine logische und praktische Schärfe<br />

und Bestimmtheit wesentlich zu verdanken 3 . Im Eigentumsprozeß wurde die bis-<br />

1 Die früher aufgestellte Behauptung, daß diese Dreiherren bereits der ältesten Zeit angehören, ist<br />

deswegen irrig, weil der ältesten Staatsordnung Beamtenkollegien von ungerader Zahl fremd sind<br />

(<strong>Römische</strong> Chronologie bis auf Caesar. z. Aufl. Berlin 1859, S. 15, A. 12). Wahrscheinlich ist die gut<br />

beglaubigte Nachricht, daß sie zuerst 465 (289) ernannt wurden (Liv. ep. 11), einfach festzuhalten<br />

und die auch sonst bedenkliche Deduktion des Fälschers Licinius Macer (bei Liv. 7, 46), welche ihrer<br />

vor 450 (304) Erwähnung tut, einfach zu verwerfen. Anfänglich wurden ohne Zweifel, wie dies bei<br />

den meisten der späteren magistratus minores der Fall gewesen ist, die Dreiherren von den Oberbeamten<br />

ernannt; das papirische Plebiszit, das die Ernennung derselben auf die Gemeinde übertrug<br />

(Festus v. sacramentum p. 344 M.), ist auf jeden Fall, da es den Prätor nennt, qui inter civis ius dicit,<br />

erst nach Einsetzung der Fremdenprätur, also frühestens gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts erlassen.<br />

2 Dahin führt, was Liv. 9, 20 über die Reorganisation der Kolonie Antium zwanzig Jahre nach<br />

ihrer Gründung berichtet; und es ist an sich klar, daß wenn man dem Ostienser recht wohl auferlegen<br />

konnte, seine Rechtshändel alle in Rom abzumachen, dies für Ortschaften wie Antium und Sena sich<br />

nicht durchführen ließ.<br />

3 Man pflegt die Römer als das zur Jurisprudenz privilegierte Volk zu preisen und ihr vortreffliches<br />

Recht als eine mystische Gabe des Himmels anzustaunen; vermutlich besonders, um sich die Scham<br />

zu ersparen über die Nichtswürdigkeit des eigenen Rechtszustandes. Ein Blick auf das beispiellos

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