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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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ten zu Sitzungspräsidenten und ausführenden Kommissarien herabsanken, daß ein<br />

durchaus nur beratendes Kollegium die Erbschaft beider verfassungsmäßiger Gewalten<br />

tat und, wenn auch in den bescheidensten Formen, die Zentralregierung der<br />

Gemeinde ward, war revolutionär und usurpatorisch. Indes wenn jede Revolution<br />

und jede Usurpation durch die ausschließliche Fähigkeit zum Regimente vor dem<br />

Richterstuhl der <strong>Geschichte</strong> gerechtfertigt erscheint, so muß auch ihr strenges Urteil<br />

es anerkennen, daß diese Körperschaft ihre große Aufgabe zeitig begriffen und<br />

würdig erfüllt hat. Berufen nicht durch den eitlen Zufall der Geburt, sondern wesentlich<br />

durch die freie Wahl der Nation; bestätigt von vier zu vier Jahren durch das<br />

strenge Sittengericht der würdigsten Männer; auf Lebenszeit im Amte und nicht<br />

abhängig von dem Ablauf des Mandats oder von der schwankenden Meinung des<br />

Volkes; in sich einig und geschlossen seit der Ausgleichung der Stände; alles in<br />

sich schließend, was das Volk besaß von politischer Intelligenz und praktischer<br />

Staatskunde; unumschränkt verfügend in allen finanziellen Fragen und in der Leitung<br />

der auswärtigen Politik; die Exekutive vollkommen beherrschend durch deren<br />

kurze Dauer und durch die dem Senat nach der Beseitigung des ständischen Haders<br />

dienstbar gewordene tribunizische Interzession, war der römische Senat der<br />

edelste Ausdruck der Nation und in Konsequenz und Staatsklugheit, in Einigkeit<br />

und Vaterlandsliebe, in Machtfülle und sicherem Mut die erste politische Körperschaft<br />

aller Zeiten – auch jetzt noch “eine Versammlung von Königen”, die es<br />

verstand, mit republikanischer Hingebung despotische Energie zu verbinden. Nie<br />

ist ein Staat nach außen fester und würdiger vertreten worden als Rom in seiner<br />

guten Zeit durch seinen Senat. In der inneren Verwaltung ist es allerdings nicht zu<br />

verkennen, daß die im Senat vorzugsweise vertretene Geld- und Grundaristokratie<br />

in den ihre Sonderinteressen betreffenden Angelegenheiten parteiisch verfuhr und<br />

daß die Klugheit und die Energie der Körperschaft hier häufig von ihr nicht zum<br />

Heil des Staates gebraucht worden sind. Indes der große, in schweren Kämpfen<br />

festgestellte Grundsatz, daß jeder römische Bürger gleich vor dem Gesetz sei in<br />

Rechten und Pflichten, und die daraus sich ergebende Eröffnung der politischen<br />

Laufbahn, das heißt des Eintritts in den Senat für jedermann, erhielten neben dem<br />

Glanz der militärischen und politischen Erfolge die staatliche und nationale Eintracht<br />

und nahmen dem Unterschied der Stände jene Erbitterung und Gehässigkeit,<br />

die den Kampf der Patrizier und Plebejer bezeichnen; und da die glückliche Wendung<br />

der äußeren Politik es mit sich brachte, daß länger als ein Jahrhundert die<br />

Reichen Spielraum für sich fanden, ohne den Mittelstand unterdrücken zu müssen,<br />

so hat das römische Volk in seinem Senat längere Zeit, als es einem Volke verstattet<br />

zu sein pflegt, das großartigste aller Menschenwerke durchzuführen vermocht,<br />

eine weise und glückliche Selbstregierung.<br />

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