Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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Okkupationen der Vornehmen warfen sich vorwiegend auf die großen neugewonnenen<br />
Landstriche; die Reichtümer, die durch den Krieg und den Verkehr massenhaft<br />
nach Rom strömten, müssen den Zinsfuß herabgedrückt haben; die steigende<br />
Bevölkerung der Hauptstadt kam dem Ackerbauer in ganz Latium zugute; ein weises<br />
Inkorporationssystem vereinigte eine Anzahl angrenzender, früher untertäniger<br />
Gemeinden mit der römischen und verstärkte dadurch namentlich den Mittelstand;<br />
endlich brachten die herrlichen Siege und die gewaltigen Erfolge die Faktionen<br />
zum Schweigen, und wenn der Notstand der Bauernschaft auch keineswegs beseitigt,<br />
noch weniger seine Quellen verstopft wurden, so leidet es doch keinen<br />
Zweifel, daß am Schlusse dieser Periode der römische Mittelstand im ganzen in<br />
einer weit minder gedrückten Lage sich befand als in dem ersten Jahrhundert nach<br />
Vertreibung der Könige.<br />
Endlich, die bürgerliche Gleichheit ward durch die Reform vom Jahre 387<br />
(367) und deren weitere folgerichtige Entwicklung in gewissem Sinne allerdings<br />
erreicht oder vielmehr wieder hergestellt. Wie einst, als die Patrizier noch in der<br />
Tat die Bürgerschaft ausmachten, sie untereinander an Rechten und Pflichten unbedingt<br />
gleichgestanden hatten, so gab es jetzt wieder in der erweiterten Bürgerschaft<br />
dem Gesetze gegenüber keinen willkürlichen Unterschied. Diejenigen Abstufungen<br />
freilich, welche die Verschiedenheiten in Alter, Einsicht, Bildung und Vermögen<br />
in der bürgerlichen Gesellschaft mit Notwendigkeit hervorrufen, beherrschten<br />
natürlicherweise auch das Gemeindeleben; allein der Geist der Bürgerschaft und<br />
die Politik der Regierung wirkten gleichmäßig dahin, diese Scheidung möglichst<br />
wenig hervortreten zu lassen. Das ganze römische Wesen lief darauf hinaus, die<br />
Bürger durchschnittlich zu tüchtigen Männern heranzubilden, geniale Naturen aber<br />
nicht emporkommen zu lassen. Der Bildungsstand der Römer hielt mit der Machtentwicklung<br />
ihrer Gemeinde durchaus nicht Schritt und ward instinktmäßig von<br />
oben herab mehr zurückgehalten als gefördert. Daß es Reiche und Arme gab, ließ<br />
sich nicht verhindern; aber wie in einer rechten Bauerngemeinde führte der Bauer<br />
wie der Tagelöhner selber den Pflug und galt auch für den Reichen die gut wirtschaftliche<br />
Regel, gleichmäßig sparsam zu leben und vor allem kein totes Kapital<br />
bei sich hinzulegen – außer dem Salzfaß und dem Opferschälchen sah man Silbergerät<br />
in dieser Zeit in keinem römischen Hause. Es war das nichts Kleines. Man<br />
spürt es an den gewaltigen Erfolgen, welche die römische Gemeinde in dem Jahrhundert<br />
vom letzten Veientischen bis auf den Pyrrhischen Krieg nach außen hin<br />
errang, daß hier das Junkertum der Bauernschaft Platz gemacht hatte, daß der Fall<br />
des hochadligen Fabiers nicht mehr und nicht weniger von der ganzen Gemeinde<br />
betrauert worden wäre als der Fall des plebejischen Deciers von Plebejern und<br />
Patriziern betrauert ward, daß auch dem reichsten Junker das Konsulat nicht von<br />
selber zufiel und ein armer Bauersmann aus der Sabina, Manius Curius, den König<br />
Pyrrhos in der Feldschlacht überwinden und aus Italien verjagen konnte, ohne<br />
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